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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Zusammenfassung 297<br />

keit. Die Lunda-Chokwe-Bevölkerung dürfte über die Kontakte mit der östlichen<br />

Kimbundu Bevölkerung ihre internen Lineagekonflikte beendet und durch externale<br />

Kriegführung ersetzt haben, wobei aber nicht eine unmittelbar vorangehende<br />

Migration stattgefunden haben muß, sondern sich durch Angriffe von außen –<br />

ähnlich wie bei den Zuñi – ihre Feindschaft verändert hatte.<br />

In der vorliegenden Arbeit wurden die Publikationen von Eva Rauter über die Luvale<br />

Bevölkerung verwendet, die zur Großgruppe der Lunda-Bevölkerung zählt.<br />

Die heutige Sozialorganisation der -Luvale entspricht der vorletzten Phase des<br />

von Divale angenommenen Zyklus: bevorzugte virilokale Residenz in Verbindung<br />

mit noch matrilinearer Deszendenz. Die geschlechtsspezifische traditionelle Erziehung<br />

von Mädchen und Jungen scheint sich noch nicht an die neuen Residenzmuster<br />

angepaßt zu haben, denn die traditionelle Erziehung von Knaben erfolgt im<br />

mukanda; den Initiationsriten der Mädchen im Pubertätsalter wird große Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Es wird vermutet, daß sich die Initiationsschulen für<br />

Knaben und Mädchen während der Phase der externalen Kriegführung etabliert<br />

hatten. Diese Vermutung beruht auf der Beschreibunger eines Krieger-Camps<br />

der Imbangala-Militärgemeinschaft: Rekrutierung durch Initiation, Trennung von<br />

der Dorfgemeinschaft (Seklusion), erlernen von Disziplin und dem Ertragen von<br />

Schmerzen, Bildung von Männer-/Kriegergemeinschaften, die auf Solidarität aufbauen.<br />

Daraus könnte geschlossen werden, daß die heutigen Initiationsschulen der<br />

Knaben als Tradition der kriegerischen Vergangenheit weiterbestehen. Gemeinsam<br />

mit den Masken- und Geheimbundtraditionen der Männer dürften sie als<br />

Reaktion auf die verwandtschaftliche Frauengemeinschaft durch die bevorzugte<br />

Uxorilokalität beibehalten worden sein. Nach uxorilokalen Residenzregeln lebende<br />

Männer versuchten über diese Institutionen ihre Solidaritätsgemeinschaft weiter<br />

zu pflegen, um das durch die Bevorzugung des Wohnortes der Frauen entstandene<br />

Ungleichgewicht zu kompensieren. Dies wäre aber bei virilokaler Residenz<br />

eigentlich nicht mehr notwendig, da die Männer einer Matrilineage im gleichen<br />

Dorf leben. Brüder können bei Konflikten mit anderen Mitgliedern des Dorfes<br />

wieder auf gegenseitige Unterstützung zählen.<br />

Es wird angenommen, daß sich die traditionellen Erziehungsmethoden erst dann<br />

ändern, wenn sie (1) nicht mehr mit der Lebens<strong>for</strong>m kombinierbar sind, z.B.<br />

in Städten, durch Veränderung der Lebensgrundlage, oder einem Schulsystem,<br />

das mit der traditionellen Erziehung nicht mehr vereinbar ist; (2) Veränderungen<br />

müßten eigentlich beide Geschlechter im Pubertätsalter betreffen: durch den<br />

virilokalen Wohnort bilden sich wieder fraternale Interessengruppen; zwingt die<br />

Schwestern, das Elternhaus nach der Heirat zu verlassen, unterbricht die Beziehungen<br />

zwischen den Schwestern und zusätzlich mit ihren Brüdern und Eltern;<br />

Virilokalität in Verbindung mit Matrilinearität bedeutet, daß die Brüder und<br />

Schwestern einen gemeinsamen patrilokalen Geburtsort besitzen, ihre Lineage-<br />

Zugehörigkeit aber über die Abstammungsgruppe der Mutter abgeleitet wird. Dieses<br />

Ungleichgewicht zwischen Virilokalität und Matrilinearität könnte der Grund<br />

sein, daß die traditionelle Erziehung weiter besteht. Dadurch können ältere Frau-

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