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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 81<br />

gegenüber dem Vormund. Vom 11. Jahrhundert an durfte auch eine unverheiratete<br />

volljährige und selbständige Frau (lt. Sachsenspiegel) ihr Vermögen selbst<br />

verwalten und im eigenen Namen Rechtsgeschäfte abschließen, sie erhielt aber<br />

nicht die Selbständigkeit vor Gericht und bei Veräußerungen von Liegenschaften<br />

bedurfte sie ebenfalls ihres Vormundes. Diese persönlichen Einschränkungen der<br />

Geschäftsfähigkeit von Frauen wurden in Schleswig-Holstein und Hannover erst<br />

1869, in Hamburg 1871 und in Wismar 1875 ausdrücklich aufgehoben. 60<br />

Die Frau war in allen Teilen der deutschen Länder vermögensrechtlich ungünstiger<br />

gestellt als die römische Frau:<br />

• sie konnte nicht selbst über Teile ihres Vermögens verfügen;<br />

• der Ehemann haftete nicht für die Schulden seiner Frau;<br />

• sie hatte eine mangelnde Prozeßfähigkeit. – Hier gab es aber Ausnahmen:<br />

Schneiderinnen, Krämerinnen, Wechslerinnen und Wirtinnen konnten ab<br />

dem 14. Jahrhundert im Interesse von ” Handel und Wandel“ im eigenen<br />

Namen selbständig vor Gericht erscheinen, wenn der Geschäftsbetrieb von<br />

ihr selbst geführt wurde. Den sogenannten ” nur“ Hausfrauen waren im Interesse<br />

der Herrschaft des Mannes eigenständige Entscheidungen weiterhin<br />

untersagt. 61<br />

Das zuerst an den italienischen Universitäten gepflegte römische Recht weitete<br />

sich im 13. Jahrhundert langsam auch auf die deutschsprachigen Länder aus. Die<br />

Einrichtung des Reichskammergerichts Ende des 15. Jahrhunderts führte in der<br />

Folge zur Übernahme wesentlicher Teile des römischen Rechts, das als ” gemeines<br />

Recht“ angewendet wurde, nach dem Grundsatz, daß die Partikularrechte dem<br />

gemeinen Recht vorgehen und wahrte damit die deutschen Rechtsgewohnheiten. 62<br />

Das römische Recht hatte aber kaum Einfluß auf das deutsche Familienrecht. Hier<br />

gewann das römische Recht im allgemeinen nur äußerlich – auf die Begriffsbildung<br />

und die Benennung der vorgefundenen Institutionen des Eherechts – Einfluß. Das<br />

rechtliche Wesen des gesamten Vermögens der Frau als deren dos wurde nur wenig<br />

verändert:<br />

der deutsche Ehemann dachte durchaus nicht daran, irgend eines seiner<br />

überlieferten Rechte zu opfern. Während man sich deshalb auf andren<br />

Gebieten meist der Überlegenheit der juristischen Technik des römischen<br />

Rechts damals willig beugte, so eroberte das Dotalrecht in Deutschland<br />

nur ein relativ ziemlich unbedeutendes, zerstreutes Geltungsgebiet. Die Bedenklichkeit<br />

der bei Dotalrecht bestehenden Generalhypothek der Frau am<br />

Vermögen des Mannes zur Sicherung der ” dos“ für dessen Gläubiger und<br />

also für seinen Kredit spielte dabei wohl eine gewisse, die Hauptrolle aber<br />

die Abneigung gegen die – wie man noch heute zu hören bekommt – ” undeutsche“<br />

Selbständigkeit der Frau im römischen Recht. 63<br />

60 Marianne Weber 1989, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, S.211–212.<br />

61 Marianne Weber 1989, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, S.237.<br />

62 Marianne Weber 1989, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, S.240.<br />

63 Marianne Weber 1989, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, S.241.

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