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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 120<br />

die geschlechtsspezifischen Machtunterschiede ” aufgehoben“ werden würden. 195<br />

Eine gewisse Ausnahme stellt in dieser Reihe die Autorin Elizabeth Gould Davis<br />

dar, die in der Tat behauptet, es hätte so etwas wie eine Vormachtstellung von<br />

Frauen irgendwann einmal in der Geschichte gegeben, also in einem gewissen Sinne<br />

eine Umkehrung der oben genannten klassentheoretischen Ansätze. Nach Davis<br />

hätten die Frauen gewissermaßen als ” herrschende Klasse“ die ersten großen Zivilisationen<br />

der Sumerer, Kreter und Ägypter errichtet: die Männer wären hier<br />

zunächst ausgeschlossen, unzivilisiert, an der Peripherie dieser ” gynocracies“ stehend<br />

und somit völlig machtlos gewesen, aber: ” Plötzlich war alles aus. Das Paradies<br />

verloren. ...“ 196<br />

Davis schreibt:<br />

Suddenly all is ended. Paradise is lost. A dark age overtakes the world<br />

– a dark age brought on by the cataclysm accompanied by a patriarchal<br />

revolution. Nomads, barbaric and uncivilized, roving bands of ejected, womanless<br />

men, destroy civilized city-states, depose queens, and attempt to<br />

rule in their stead. The result is chaos. War and violence make their appearance,<br />

justice and law fly out the window, might replaces right, and the<br />

Great Goddess is replaced by a stern and vengeful God, man becomes carnivorous,<br />

property rights become paramount over human rights, woman is<br />

degraded and exploited and civilization starts on the downward path that<br />

it still pursues. 197<br />

Nach Paula Webster sei diesen Autorinnen gemeinsam, daß sie auf eine radikale<br />

Änderung der Gesellschaft setzen, in ihren Analysen jedoch teils problematische<br />

Bezüge zur Biologie herstellen, teils eine fragwürdige Interpretation der Geschichte<br />

bieten, die sich zum Teil aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergründen<br />

der Autorinnen verstehen lassen. Webster bezieht sich in erster Linie auf<br />

Friedrich Engels (1972), welcher die ” welthistorische Besiegung des weiblichen<br />

Geschlechts“ auf eine Zerstörung der stammesgesellschaftlichen Verwandtschaftsorganisation<br />

durch die Entstehung von Privateigentum (primär an Produktionsmitteln,<br />

d.h. hier in erster Linie Grund und Boden), zunehmende Arbeitsteilung,<br />

Auseinandertreten von einer Privatsphäre (Institution der monogamen Ehe, Bevorzugung<br />

der männlichen Linie) und einer öffentlichen, politischen Sphäre begriffen<br />

hat, wodurch die Klassengesellschaft und in dieser die Machtstellung des<br />

Mannes über die Frau im selben historischen Prozeß entstanden seien.<br />

195Webster 1975, Matriarchy, S.150–151; bezieht sich auf de Beauvoir 1952, The Second Sex,<br />

S.64–65.<br />

196Webster 1975, Matriarchy, S.152.<br />

197Davis 1971, The First Sex, S.68–69; zitiert nach Webster 1975, Matriarchy, S.152.

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