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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Familialisierung von sozialen Beziehungen 51<br />

Die wichtigste ökonomische Einheit ist die Kernfamilie. Jeder einzelne Jäger ist<br />

auf seine sammelnde Frau angewiesen und umgekehrt. Da die Jagd einen größeren<br />

Zeitaufwand er<strong>for</strong>dert und nicht immer erfolgreich endet, muß sich der Jäger<br />

auf die von der Frau gesammelte Nahrung verlassen können. Auch bei Jägern<br />

und Sammlern gibt es unterschiedliche Familienorganisationen: manchmal hat<br />

ein Mann mehrere Frauen, selten lebt eine Frau mit mehreren Männern (nur<br />

wenn es einen eklatanten Männerüberschuß gibt). Vereinzelt sind auch größere<br />

Familienverbände vorhanden: Großeltern, oder mehrere verheiratete Brüder oder<br />

Schwestern mit ihren Frauen oder Männern und Kindern. Sie haben eine strikte<br />

geschlechtliche Arbeitsteilung, deshalb kann weder ein Mann ohne Frau noch eine<br />

Frau ohne Mann existieren. 130 Stirbt ein Teil des Paares, muß er/sie so bald wie<br />

möglich durch einen neuen Partner ersetzt werden. Hier finden sich Parallelen zur<br />

Landwirtschaft.<br />

Nach Gough stellt sich die Familienorganisation folgendermaßen dar: Bei Jägern<br />

und Sammlern bilden 50 % oder mehr Kernfamilien mit polygamer Bindung (1<br />

Mann mit 2 oder mehreren Frauen und ihre Kinder). Die reine Kernfamilie sei<br />

die häuftigste Form. Ein Drittel der Familien besteht aus Stammfamilien“, d.h.<br />

”<br />

Eltern leben mit einem verheirateten Kind und den Enkelkindern zusammen; weitere<br />

verheiratete Kinder leben in unabhängigen Einheiten. Nur ein kleiner Anteil<br />

lebt im großen erweiterten Familienverband mit mehreren verheirateten Brüdern<br />

oder Schwestern, deren Gatten und Kindern zusammen. 131 Murdock (1967) gibt<br />

an, daß von den 175 Jäger- und Sammlergesellschaften seiner Untersuchung 47 %<br />

reine Kernfamilien, 38 % Abstammungsfamilien und 14 % erweiterte Familien<br />

hatten. 132 In den Werken von Morgan Die Urgesellschaft“ (1877) und Engels<br />

”<br />

” Die Entstehung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ (1884) sind<br />

die Verwandtschaft und Territorialität als Grundlagen aller <strong>Gesellschaften</strong> vor der<br />

Entstehung des Staates anzusehen. Nach Gough ist es aber die Kern-Familie, die<br />

gemeinsam mit der territorialen Gruppenbildung das Grundgerüst einer Jägerund<br />

Sammlergesellschaft bildet. 133<br />

Es ist nach Gough nicht bestreitbar, daß Frauen von Beginn an in wesentlichen<br />

Schlüsselbereichen den Männern untergeordnet waren:<br />

• Status<br />

• Beweglichkeit, und<br />

• öffentliche Führerschaft. 134<br />

130Wesel 1980, Der Mythos vom Matriarchat, Kap. XII, S.81.<br />

131Gough 1975, The Origin of the Family, S.64, bezieht sich hier auf G.P. Murdock (1957):<br />

World Ethnographic Sample; und Allan D. Coult (1965): Cross Tabulation of Murdock’s World<br />

Ethnographic Sample, University of Missouri.<br />

132Geogre Peter Murdock (1967): Ethnographic Atlas: A Summary, in: Ethnology, 6(2), S.109–<br />

236.<br />

133Gough 1975, The Origin of the Family, S.65.<br />

134Gough 1975, The Origin of the Family, S.65.

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