Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Regionalgebiet Südostasien 265<br />
indischen Einflusses sei ins Tanah Datar Gebiet verlegt worden und ein System<br />
von ” Rajas“ hätte sich nahe der Goldabbaugebiete entwickelt. Die vor-indisierte<br />
ansässige Bevölkerung hätte um Lima Kaum ihr Hauptsiedlungsgebiet gehabt,<br />
das ein Eisenverarbeitungszentrum war. Von Dobbin wird weiters vermutet, daß<br />
die Südinder und die Minangkabau getrennte Gemeinschaften gebildet hätten.<br />
Diese politische Entwicklung sei erst 1347 mit Adityavarman und seiner Gefolgschaft<br />
unterbrochen worden.<br />
In den bisherigen Darstellungen wurde der kulturelle und religiöse indische Einfluß<br />
vor allem bei bereits bestehenden Zentren hervorgehoben. Die Inder, die sich<br />
in den Zentren auf Java und Sumatra aufhielten, waren nicht Kaufleute, sondern<br />
religiöse Lehrer, Künstler, Dichter und Handwerker etc. Dobbin unterstellt der<br />
Berglandbevölkerung, daß die Übernahme und Anpassung an die Religionen der<br />
” zivilisierten“ Welt für sie typisch sei.69 Dies trifft aber gerade für Sumatra nicht<br />
zu. Denn die Zentren des Hindu-Buddhismus und Islam lagen an den Küsten<br />
und erst Jahrhunderte später wurde der Islam in die traditionelle Religion integriert.<br />
Die Übernahme war dabei häufig nicht freiwillig, sondern wurde nach<br />
militärischen Niederlagen erzwungen, wie z.B. die von den Holländern ausgehende<br />
Christianisierung der Toba Batak (begann erst ab 1850). Die Übernahme oder<br />
Integration neuer religiöser Elemente in die bisherigen Traditionen sind damit<br />
zwar erklärbar, aber niemals die direkte Übertragung von Deszendenz- oder Residenzregeln<br />
von einer zur anderen Gesellschaft. Eine Gesellschaft wechselt ihre<br />
Residenz- und Deszendenzmuster nur dann, wenn sie sich interne Vorteile davon<br />
verspricht, z.B. wird bei der Gefahr des Aussterbens von einzelnen Abstammungsgruppen<br />
die Adoption eingeführt.<br />
Der indische Einfluß kann zwar für das 12. und 13. Jahrhundert durch archäologische<br />
Funde an der Westküste Sumatras belegt werden, aber es scheint sehr<br />
unwahrscheinlich, daß Händler ins Hochland ziehen, wo sie mit Konflikten der<br />
ansässigen Bevölkerung rechnen mußten, um von dort aus ihre Handelsbeziehungen<br />
auszuüben.<br />
Nach Dobbin sei die Übernahme von indischen Wörtern in den täglichen Sprachgebrauch<br />
der Minangkabau durch Inschriften belegt. Dabei verweist sie auf das<br />
Wort nagari (Indon. negeri) und kota, die die best bekannten von vielen seien. Die<br />
Verbreitung von Sanskritwörtern ist aber in Verbindung mit dem Malaysischen<br />
zu sehen, das sich als lingua franca an den Küsten ab dem 7. Jahrhundert mit den<br />
Haupthandelszentren ´ Srivijaya und dem späteren Malakka ausgebreitet hatte. 70<br />
69 Dobbin 1987, Islamic Revivalism in a Changing Peasant Economy, S.7.<br />
70 Peter Bellwood (1994): Southeast Asia be<strong>for</strong>e History, in: Nicholas Tarling (Hg.), The Cambridge<br />
History of Southeast Asia. – From Early Times to c.1800, Vol.1, Cambridge University<br />
Press, Cambridge, UK, New York, Melborne, 55–136; hier insbesondere das Unterkapitel ” Linguistic<br />
Records“, über die austroasiatische Sprachfamilie. Mit einer Karte der austronesischen<br />
Sprache, S.111: die Minangkabau-Sprache wird dem Malaysischen zugerechnet, das sich auf<br />
der malaysischen Halbinsel, große Teile Sumatras (ausgenommen sind Aceh und das Batak-<br />
Siedlungsgebiet) und auf die Küstenregion Borneos ausgebreitet hat. Malaysisch bildet dabei<br />
eine Untergruppe der Austronesischen-Sprachfamilie.