Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Regionalgebiet Afrika: Der ” matrilineare Gürtel“ 186<br />
Luangwa-Eisenzeit-Tradition sich im östlichen Zambia durchsetzte. Weitere<br />
Fundorte der ” Späten-Eisenzeit“ in Zambia gibt es am mittleren und südlichen<br />
Zambesi, die als Ingombe Ilede bezeichnet werden. Ingombe Ilede dürfte um<br />
1400 entweder ein permanenter Siedlungsort oder ein temporärer Handelsstützpunkt<br />
gewesen sein und erste Handelsbeziehungen bis zur Küste entwickelt haben.<br />
Über die Entstehung von Chieftainships in Zambia bis etwa 1500 ist wenig bekannt.<br />
Nähere Hinweise über die politische und religiöse Entwicklung beziehen<br />
sich bisher ausschließlich auf Oraltraditionen und diese sind für Zambia erst ab<br />
dem 18. Jahrhundert als Quellen vorhanden. Die Bemba-Bevölkerung jener Zeit<br />
nahm eine Vorrangstellung ein und ihr Einflußbereich hatte sich auf ein beachtliches<br />
Gebiet ausgedehnt. 20<br />
4.2.1 Die Entstehungsgeschichte einzelner Chiefdoms<br />
Die politische Zentralisierung in Chiefdoms entstand vermutlich durch die Unterscheidung<br />
verschiedener Abstammungsgruppen, die häufig in der Oraltradition<br />
begründet wird, wie z.B. die ersten Siedler, oder die Abstammung von irgendeiner<br />
Person, die eine außergewöhnliche Leistung vollbracht hat (ein großer Krieger<br />
oder Jäger). – Dadurch empfindet diese Abstammungsgruppe sich gegenüber anderen<br />
als übergeordnet und wird als die aristokratische Gruppe idealisiert. Hannes<br />
Wimmer geht auf diese Thematik ein und führt die politischen Veränderungen<br />
darauf zurück, daß sich erbliche Rangpositionen innerhalb einer segmentären Gesellschaft<br />
entwickeln, wenngleich die Tendenz zur Segmentierung bestehen bleibt.<br />
Die entstehende Ranggesellschaft in Chiefdoms bildet eine hierarchische Organisation,<br />
die zwischen hohem und niedrigem Status unterscheidet. Der hohe Status<br />
kann dabei meist nur durch Geburt erlangt werden und die Ideologie, die sich<br />
auf das aristokratische Blut begründet, wird in vielen Bereichen ausschlaggebend.<br />
Heiratsbeziehungen müssen deshalb innerhalb der Verwandtschaftsgruppe<br />
geschlossen werden, um das Blut ” rein“ zu halten. Damit wird die ” chiefly lineage“<br />
zu einer geschlossenen Gruppe, die ihre Vorrangstellung innerhalb der<br />
Gesellschaft weiter ausbauen kann. 21<br />
Das Problem dieser Ranggesellschaft liegt darin, daß die Hierarchie nur solange<br />
besteht, solange keine Gegnerschaft auftritt (z.B durch die Organisation von untergeordneten<br />
Chiefs aufgrund von Unzufriedenheit, Nichterfüllung der magischreligiösen<br />
Aufgaben des Paramount Chief). Deshalb ist der Paramount Chief<br />
ständig damit beschäftigt, seine Akzeptanz gegenüber dem ” einfachen“ Volk zu<br />
bewahren, d.h. er muß großzügig sein, nicht unbedingt in Form von Geschenken,<br />
sondern vor allem als Kreditgeber. Die Gewährung von Krediten führt aber auch<br />
zur Verschuldung einzelner Familien, die dadurch in einen ” sklavenartigen“ Sta-<br />
20 Birmingham 1977, Central Africa from Cameroun to the Zambezi, S.529–530.<br />
21 Hannes Wimmer (1996): Evolution der Politik, WUV-Universitätsverlag, Wien; siehe dazu<br />
vor allem Kapitel 6, ” Politische Zentralisierung in Chiefdoms“, S.193–216; hier wird die<br />
ethnologische Literatur zu Chiefdoms ausführlich thematisiert.