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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Theorien zur Entstehung unilinearer Abstammungsgruppen 146<br />

Regenwälder das Entstehen von matrilinearen Systemen. Kathleen Gough vermutet,<br />

daß die Art der Subsistenzwirtschaft einen Einfluß auf die Wahl für ein<br />

bestimmtes unlineares Abstammungssystem ausübe; danach seien <strong>Gesellschaften</strong><br />

mit matrilinearer Abstammung eher Gartenbauern als Ackerbauern. Sie setzt in<br />

ihrer Argumentation <strong>for</strong>t, daß bei matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> mit matrilokaler<br />

Residenz die Produktivität geringer sei als bei avunkulokaler Residenz. 79<br />

Divale stellte sich folgende Fragen: warum 14 % der Weltgesellschaften nach matrilinearer<br />

Abstammung organisiert sind und wie matrilokale Residenz entstehe?<br />

Patrilineare Systeme sind fast immer mit Patrilokalität verbunden, matrilineare<br />

<strong>Gesellschaften</strong> weisen hingegen wesentlich unterschiedlichere postmaritale Residenz<strong>for</strong>men<br />

auf. Daraus schließt Divale, daß sich matrilineare Abstammung erst<br />

dann entwickeln kann, wenn bereits matrilokale Residenzmuster vorhanden sind.<br />

Um diese Schlußfolgerung statistisch zu überprüfen, verwendet er Cross-Cultural<br />

Untersuchungen am Beispiel von 43 <strong>Gesellschaften</strong>: davon bevorzugten 33 patrilokale<br />

und 10 matrilokale Residenzregeln; weitere Daten lieferte der Ethnographische<br />

Atlas über 1200 <strong>Gesellschaften</strong>, soweit sie für seine Untersuchungen verwendbar<br />

waren. Diejenigen Variablen, die noch nicht im Ethnographischen Atlas benutzt<br />

wurden, codierte er selbst und ließ sie von einem unabhängigen Statistiker, der die<br />

von Divale aufgestellte Hypothese nicht kannte, testen. Die daraus resultierenden<br />

unabhängigen Testergebnisse wiesen keine signifikanten Abweichungen auf. 80<br />

Die angenommene Hypothese, daß die Residenz matrilokal sei, wenn Frauen in<br />

der Subsistenzwirtschaft dominieren (z.B. bei Jägern und Sammlern, Hirtennomaden<br />

und Bauern), konnte mittels statistischer Überprüfung nicht bestätigt<br />

werden (weder anhand der Daten vom Ethnographischen Atlas noch anhand der<br />

von Divale verwendeten Daten von 42 bzw. 43 <strong>Gesellschaften</strong> nach Geschlecht,<br />

Subsistenzwirtschaft und postmaritaler Residenz). Bei 32 <strong>Gesellschaften</strong> seines<br />

Sampels lag die Subsistenzwirtschaft in den Händen der Männer und trotzdem<br />

folgten sieben <strong>Gesellschaften</strong> matrilokalen Residenzregeln. Die Hypothese eines<br />

Zusammenhangs zwischen geschlechtsspezifischer Dominanz bei der Produktion<br />

der Nahrung und Matrilokalität konnte als statistisch nicht nachweisbar ausgeschieden<br />

werden, denn es hätte bei den 32 <strong>Gesellschaften</strong> danach überhaupt keine<br />

matrilokale Residenz geben dürfen. Bei 10 <strong>Gesellschaften</strong> waren die Frauen für<br />

die Subsistenzwirtschaft verantwortlich, trotzdem bevorzugten nur drei matrilokale<br />

Maritalresidenz. 81 Weitere Tests von Melvin Ember und Carol Ember (1971)<br />

79 Divale 1975, An Explanation <strong>for</strong> Matrilocal Residence, S.99.<br />

80 Divale 1975, An Explanation <strong>for</strong> Matrilocal Residence, S.99. Divale bezieht sich bei den<br />

Testergebnissen auf seine Arbeit: Divale (1974a): Migration, External Warfare, and Matrilocal<br />

Residence, in: Behavior Science Research, 9, S.75–133. Dort sind die Codierungen dokumentiert<br />

sowie Seiten- und Quellenangaben angeführt.<br />

81 Divale 1975, An Explanation <strong>for</strong> Matrilocal Residence, S.101: mehrheitlich matrilokale Residenz<br />

bei den Trukese, Zuñi, Cuna, Mataco, Bororo, Mundurucú, Khase, obwohl die Männer in<br />

der Subsistenzwirtschaft dominieren und patrilokalen Residenzregeln folgen müßten. Hingegen<br />

dominierten die Frauen bei 10 <strong>Gesellschaften</strong>, davon wiesen aber nur drei vorwiegend matrilokale<br />

Residenz auf: die Pawnee, Iroquois und Cagaba; sieben waren vorwiegend patrilokal organisiert.

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