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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Zusammenfassung 302<br />

vorkommen, Außenkontakte über Flußläufe vom Hochland zur Ostküste zu den<br />

Häfen der Straße von Malakka. Problematisch bei der Rekonstruktion der Geschichte<br />

der Minangkabau-Bevölkerung war vor allem, daß es kaum Hinweise zur<br />

Kriegführung gab. Sollte Adityavarman als erster Chief die Grundlage für die<br />

Minangkabau-Identität geschaffen haben, dann würde dies bedeuten, daß die aristokratischen<br />

Lineages über 450 Jahre bestanden und erst mit den Padri-Kriegen<br />

ihren Einfluß verloren hätten. Zumindest im 16. Jahrhundert dürfte der Islam an<br />

Bedeutung bei den Mitgliedern der aristokratischen Lineages und deren Anhänger<br />

gewonnen haben. Dies wird darauf zurückgeführt, daß die politischen Funktionen<br />

auf drei Mitglieder verteilt wurden: (1) Daulat Yang Dipertuan, mit höchtstem<br />

Staus, (2) Raja Adat, (3) Raja Ibadat und die großen Männer der vier Ratsversammlungshallen<br />

(Basa nan Empat Balai).<br />

Dorfsegmentierung und Expansion waren über Jahrhunderte auch bei den Minangkabau<br />

mit dem Anstieg der Bevölkerung verbunden. Der Handel förderte<br />

zusätzlich eine permanente Migrationsbewegungen zwischen dem Kernland und<br />

den Küstenregionen. In diesem Zusammenhang müssen Konflikte zwischen den<br />

benachbarten Bevölkerungsgruppen aufgetreten sein. Warum diese in den Oraltraditionen<br />

nicht genannt werden, kann nur vermutet werden. Die Bedingungen<br />

einer Migration in Verbindung mit Sprachunterschieden konnte gegenüber der<br />

Batak-Bevölkerung nachgewiesen werden. Jedoch gibt es keine direkten Hinweise<br />

der Konfliktaustragung zwischen der Minangkabau-Bevölkerung und den benachbarten<br />

Batak-Bevölkerungsgruppen. Hingegen wird über die Toba-Batak berichtet,<br />

daß ihre Dörfer mit Steinwällen befestigt waren, sie aggressives Verhalten<br />

gegenüber Feinden zeigten und Angriffe von Aceh abwehren konnten.<br />

Die Darstellungen der Vergangenheit der Minangkabau war in der Literatur teilweise<br />

sehr widersprüchlich, deshalb konnten nur vage Aussagen über eine mögliche<br />

Migration gemacht werden. Nach den bisher vorliegenden Daten zur Ethnohistorie<br />

der Minangkabau ist jedoch mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen,<br />

daß die Besiedlung des Kernlandes der heutigen Minangkabau das Resultat einer<br />

Migrationsbewegung gewesen sein dürfte, die sich aus dem Zusammenbruch der<br />

Chiefdomstruktur zwischen Majapahit (Java), ´ Srivijaya (Südostküste Sumatras)<br />

und Malayu (nördlich von ´ Srivijaya) ergeben hat. Diese Turbulenzen haben mit<br />

ziemlicher Sicherheit die Kriegführung intensiviert, wenn nicht gar völlig anarchische<br />

Zustände hervorgerufen. Ob Adityavarman als einer der Abkömmlinge dieser<br />

Chiefdoms eine Führungsrolle gespielt hat – wie das die überlieferten Mythen bzw.<br />

Steininschriften ” belegen“, wollen wir offen lassen (und ist für unseren Zusammenhang<br />

auch keine entscheidende Frage). Wesentlich ist, daß das Kernland der<br />

Minangkabau wie ein typisches Rückzugsgebiet erscheint und die Bevölkerung<br />

nach dem Zusammenbruch der Chiefdoms zur üblichen egalitären oder akephalen<br />

Struktur segmentärer <strong>Gesellschaften</strong> zurückgekehrt ist.<br />

Sollte dies den realhistorischen Prozeß im großen und ganzen zutreffend erfassen,<br />

dann wäre es weiters plausibel anzunehmen, daß die ” Eindringlinge“ eine bereits<br />

ansässige Bevölkerung verdrängt und/oder integriert hat. Aus dieser kriegerischen

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