Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Familialisierung von sozialen Beziehungen 50<br />
Vorherrschaft auch in den politischen Institutionen durch die Asymmetrie gekennzeichnet.<br />
128 Den beiden Autoren kann in diesem Punkt nicht zugestimmt<br />
werden: 1. wird männliche Vormacht sowohl in Jäger- und Sammlergesellschaften<br />
und in Dorfgesellschaften behauptet, ohne zwischen den beiden Gesellschafts<strong>for</strong>men<br />
zu differenzieren; 2. anscheinend sind für die beiden männlichen Autoren<br />
weibliche Tätigkeiten mit negativen Vorstellungen verbunden – die Jagd ist vielleicht<br />
spannender, aber wie oft ist sie wirklich mit Erfolg gekrönt? – Besteht<br />
nicht das Jagen eigentlich aus warten, suchen, hoffen, um vielleicht dann doch<br />
noch das Ziel zu verfehlen und nach Stunden oder Tagen als erfolgloser Jäger<br />
wieder ins Camp zu den Frauen zurückzukehren? Ein erfolgloser Jäger ist ein<br />
schlechter Jäger, der seine Familie nicht mit Fleisch versorgen kann, und eigentlich<br />
froh sein muß, wenn er durch das Sammeln der Frau überhaupt überlebt.<br />
Wie kann also ein erfolgloser Jäger eine Vormachtstellung in der Familie besitzen?<br />
Bis heute sind typisch weibliche Tätigkeiten mit eher negativen Adjektiven<br />
versehen, gegenüber den männlichen, die immer als abwechslungsreich, spannend,<br />
interessant, etc. bezeichnet werden.<br />
Service schreibt über die Frauenarbeit:<br />
Neither men nor women, however, in any society, find their interest much<br />
aroused by a description of domestic tasks. ” Woman’s work is never done,“<br />
goes the saying, and woman’s work is also dull, repetitive, unromantic, and<br />
usually unremarked. Is it there<strong>for</strong>e unimportant? 129<br />
Wenn auch Service von einigen Ethnologinnen kritisiert wurde, so muß hier doch<br />
erwähnt werden, daß seine Beschreibung der Hausarbeit in allen Industriegesellschaften<br />
und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch bei allen anderen <strong>Gesellschaften</strong><br />
zutrifft. Hausarbeit (Familienarbeit) ist in keiner Gesellschaft eine wirklich<br />
angesehene Tätigkeit, sondern eine lästige Pflicht, die irgendwer erledigen muß<br />
(meistens die Frau). Was aber übersehen wird, ist, daß die Hausarbeit innerhalb<br />
der Familie eine sehr wesentliche soziale Funktion hat, die das Zusammenleben<br />
der einzelnen Mitglieder innerhalb dieser Einheit bestimmt.<br />
1.3.2 Famlienorganisation<br />
Jäger und Sammler sind immer exzellent an die Umweltressourcen angepaßt. Diese<br />
bestimmen die Größe der Gruppe, die mit Nahrung versorgt werden kann. Es<br />
gibt nur beschränkte Möglichkeiten Vorräte an Nahrungsmitteln anzulegen, deshalb<br />
muß die Nahrung täglich bzw. in kurzen Abständen gesammelt oder gejagt<br />
werden, um das Überleben der Gruppe zu sichern. Dies gilt für den ersten Homo<br />
sapiens ebenso wie für rezente Jäger- und Sammlergesellschaften. Die Reziprozität<br />
zwischen den Mitgliedern ist dabei ein wesentlicher Faktor.<br />
128 William Tulio Divale und Marvin Harris (1976): Population, Warfare, and the Male Supremacist<br />
Complex, in: American Anthropologist 78:521–538, hier insbes. S.524.<br />
129 Service 1979, The Hunters, S.8.