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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Südostasien 278<br />

daß vor 10 Jahren (1975) Frauen nach der Scheidung im Haus des Ehemannes<br />

mit ihren Kindern weiterhin leben konnten, dies sei aber nicht mehr möglich.<br />

Das Einkommen der Frauen ist niedriger und sie können allein nicht für sich<br />

und ihre Kinder sorgen. Als einziger Ausweg steht die Möglichkeit offen, wieder<br />

ins Dorf der Abstammungsgruppe zurückzukehren. Dabei spielt aber der Job,<br />

den der Ehemann ausgeübt hat, eine wichtige Rolle: ” Je höher die Stellung des<br />

Mannes ist und je höher sein Status, besonders bei Beamten, desto größer ist der<br />

gesellschaftliche Abstieg im Falle einer Scheidung und somit die Abhängigkeit<br />

der Frau von ihrem Ehemann“. 101 Grundsätzlich kann angenommen werden,<br />

daß die unabhängige Stellung der Frau nur dann gesichert bleibt,<br />

solange die uxorilokale Residenz und matrilineare Vererbung des<br />

Familienlandes aufrechterhalten wird.<br />

Von Franz und Kebeet Benda-Beckmann wird ein Beispiel einer Minangkabau-<br />

Gruppe in Malaysia, Negeri Sembilan, genannt. In Malaysia wurde die Bedeutung<br />

der Landwirtschaft zurückgedrängt und die Urbanisierung ist weiter <strong>for</strong>tgeschritten.<br />

Die eingetretene Abwertung der Landwirtschaft führt zum sozialen Abstieg,<br />

wenn die Frau die Stadt verläßt und wieder aufs Land zieht. In dieser Situation<br />

gehen die Scheidungsraten zurück, wie das Beispiel Malaysia mit 25 % zeigt, die<br />

vorher wie in Westsumatra bei 50 % lag. 102<br />

5.4.2 Das traditionelle Dorf<br />

Die geographische und politische Einheit der Minangkabau bildet traditionell das<br />

Dorf, wobei die Anzahl der Personen innerhalb des Dorfes sehr stark variiert. In<br />

der Vorkolonialzeit gab es ca. 600 Dörfer mit einigen wenigen 100 Einwohnern<br />

in den Hügeldörfern und einigen 1000 Einwohnern in den Hochlandebenen. Die<br />

einzelnen Dörfer dürften häufig eine lose Konföderation gebildet haben; entweder<br />

aufgrund gegenseitiger Bedürfnisse oder gegen Angreifer von außen. Unter<br />

dem Yang Dipertuan Besar (He Who is Made Great) dürften sich die autonome<br />

Dörfer zu einer geographischen und politischen Einheit zusammengeschlossen<br />

haben. Vom Raja von Pagarruyung und ” Herrscher“ der Minangkabau wird angenommen,<br />

daß er eine dem Nagari übergeordnete Position eingenommen hat.<br />

Ihm waren zwei weitere Rajas untergeordnet: Raja Adat, Raja Ibadat. 103<br />

Die einzelnen Dörfer bestehen meist aus mehreren Siedlungskernen, die sich in<br />

vorkolonialer Zeit zu autonomen Dorfgemeinschaften zusammengeschlossen haben.<br />

Jedes Dorf setzt sich zumindest aus vier matrilinearen Klans zusammen,<br />

101Franz und Keebet Benda-Beckmann 1985, Die rechtliche Stellung der Frauen bei den Minangkabau<br />

in Indonesien, S.511.<br />

102Franz und Kebeet Benda-Beckmann 1985, Die rechtliche Stellung der Frauen bei den Minangkabau<br />

in Indonesien, S.511–512. Die Autoren beziehen sich bezüglich der Scheidungsrate in<br />

Malaysia auf persönliche Mitteilung von Carola Elwert-Kretschmer.<br />

103Graves 1981, The Minangkabau Response to Dutch Colonial Rule in the 19th Century,<br />

S.14–17.

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