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Erdfernerkundung - Numerische Physik: Modellierung

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256 KAPITEL 5. DIE ERWEITERTE PERSPEKTIVE: CAWSES<br />

vielleicht auch mal das eine oder andere einfache Plasmainstrument mit – aber das wars.<br />

Trotzdem sind es gerade die langen, auf die äußeren Planeten gerichteten Missionen Pioneer<br />

[499] und Voyager [476], die uns heute die einzigen Informationen über den interplanetaren<br />

Raum jenseits der Planeten liefern können.<br />

§ 839 Der geringe Enthusiasmus für das interplanetare Medium ist nicht in mangelndem Interesse<br />

begründet: bereits vor den ersten Satelliten hat man aus den im Vergleich zur Dauer<br />

des Flares viel zu langen Zeitprofilen solarer Teilchen auf der Erde geschlossen, dass diese<br />

Teilchen sich nicht direkt in Richtung auf die Erde ausbreiten sondern durch das interplanetare<br />

Medium diffundieren. Auch wusste man bereits von dem etwas befremdlichen Verhalten<br />

des Geigerzählers auf den frühesten amerikanischen Satelliten das sich Teilchen und Plasmen<br />

‘seltsam’ verhalten können. Unter diesen Gesichtspunkten wäre eine genaue Untersuchung<br />

des Plasmas im interplanetaren Raum nahe liegend gewesen.<br />

§ 840 Die Messung von Teilchen und Plasma ist stets in-situ Messung, d.h. es werden die entsprechenden<br />

Größen am Ort des Raumfahrzeugs bestimmt. Plasma und Raumfahrzeug bewegen<br />

sich relativ zueinander: zum einen, da der Sonnenwind radial expandiert, zum anderen, da<br />

sich das Raumfahrzeug auf seinem Orbit bewegt. Jede Veränderung gemessene Änderung in<br />

Plasmaparametern kann daher durch eine lokale zeitliche Änderung, eine räumliche Änderung<br />

oder auf eine Kombination aus beiden bewirkt sein. Messungen an einem Punkt im Raum<br />

sind daher schwer zu interpretieren – dies gilt nicht nur für den interplanetaren Raum sondern<br />

genauso für die Magnetosphäre.<br />

§ 841 Um die durch dieses Interpretationsproblem eingeführten Unsicherheiten zu verringern,<br />

ist eine Messung an mehreren Punkten im Raum sinnvoll. Diese Idee hat man bereits<br />

in der Mitte der 1970er realisiert: mit den beiden Helios Raumsonden [523, 524] zur Untersuchung<br />

des interplanetaren Raumes. Die Sonden fliegen auf hochgradig elliptischen Bahnen<br />

mit einem Perihel in der Nähe von 0.3 AU und einem Aphel bei 1 AU; die Umlaufzeit beträgt<br />

ca. 180 Tage. Beide Sonden trugen nur Plasma-, Feld- und Teilcheninstrumente. Da<br />

auf Instrumente im Optischen verzichtet wurde, war eine Ausrichtung des Satelliten nicht<br />

erforderlich; die Stabilisierung konnte als Spinstabilisierung realisiert werden.<br />

§ 842 Die wichtigsten Ergebnisse der Helios Missionen sind die Beobachtungen in der inneren<br />

Heliosphäre sowie die Beobachtungen von zwei bzw. in Kombination mit einem erdgebundenen<br />

Raumfahrzeug von drei Punkten im Weltraum. Inhaltlich wichtig waren die Identifikation<br />

von Plasmawellen und -turbulenz als die Ursache der Teilchenstreuung im interplanetaren<br />

Raum, die Beobachtung interplanetarer Stoßwellen sowie die Identifikation so genannter magnetischer<br />

Wolken als den durch den interplanetaren Raum flügenden Plasmagebilden koronaler<br />

Massenausstöße.<br />

§ 843 Der International Sun Earth Explorer ISEE [440, 530, 531] basiert ebenfalls auf der<br />

Vernwendung mehrerer Raumfahrzeuge zur Untersuchung der räumlichen und zeitlichen Variabilität<br />

von Plasmen. Ziel ist das Verständnis magnetosphärischer Prozesse in Abhängigkeit<br />

von Änderungen im Sonnenwind. Dazu befinden sich zwei der Satelliten, ISEE-1 und ISEE-<br />

2, in der Magnetosphäre; der dritte Satellite, ISEE-3, dagegen befindet sich im Lagrange<br />

Punkt und dient als Warnboje für die Störungen, die mit dem Sonnenwind herangetragen<br />

werden. ISEE-3 wurde häufig zusammen mit den Helios-Raumsonden für Multi-Spacecraft<br />

Untersuchungen solarer Ereignisse verwendet.<br />

§ 844 Das Konzept der Beobachtung von verschiedenen Punkten aus wurde ursprünglich<br />

auch bei Ulysses [474] aufgegriffen: alle bisherigen Missionen haben das interplanetare Medium<br />

in der Ebene der Ekliptik untersucht. Ulysses wurde durch ein Swing-By Manöver am<br />

Jupiter (siehe Abschn. 2.7.2 und Abb. 2.33) aus dieser Ebene in eine Bahn nahezu senkrecht<br />

zur Ekliptik katapultiert. In der ursprünglichen Planung sollten zwei Raumsonden mit<br />

unterschiedlichem Umlaufsinn in diese Bahn katapultiert werden, so dass sich zusammen<br />

mit einer erdgebundenen Raumsonde wieder Dreipunkt-Beobachtungen ergeben hätten. Aus<br />

Kostengründen wurde nur eine Raumsonde realisiert – diese hat aber dennoch die sehr unterschiedlichen<br />

Plasmaeigenschaften in der Ekliptik und in hohen Breiten nachweisen können.<br />

2. Juli 2008 c○ M.-B. Kallenrode

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