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Erdfernerkundung - Numerische Physik: Modellierung

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2.7. ERGÄNZUNG: SPEZIELLE BAHNEN 69<br />

§ 223 Formal scheint sich der Lagrange-Punkt aus dem Gleichgewicht zwischen der Anziehung<br />

der Erde und der der Sonne berechnen zu lassen. Mit R als dem Abstand zwischen<br />

Sonne und Erde ergibt sich der Abstand r dieses Punktes von der Erde wegen<br />

zu<br />

FE = F⊙<br />

�<br />

ME<br />

R M⊙<br />

r =<br />

1 +<br />

� ME<br />

M⊙<br />

→<br />

msMEγ<br />

r 2<br />

≈ r = 266 084 km .<br />

= msM⊙γ<br />

.<br />

(R − r) 2<br />

Stabil ist dieser Punkt in der so diskutierten Form nicht, da eine kleine Auslenkung den Satelliten<br />

stets in Richtung des Körpers stürzen lassen würde, in dessen Richtung er ausgelenkt<br />

wurde. Außerdem würde der Satellit aufgrund des etwas geringeren Abstandes zur Sonne eine<br />

etwas kürzere Umlaufzeit haben und so langsam von der Linie Sonne–Erde weg driften. 23<br />

§ 224 Allerdings ist die obige Betrachtung zum Lagrange-Punkt physikalisch auch nicht<br />

korrekt, da wir es mit einem rotierenden Bezugssystem zu tun haben: die Verbindungsachse<br />

Erde–Sonne rotiert um den gemeinsamen Massenmittelpunkt; dieser ist allerdings nur leicht<br />

gegen den Massenmittelpunkt der Sonne versetzt. Das rotierende Bezugssystem bringt seine<br />

eigenen Probleme – auch als Scheinkräfte bezeichnet – mit sich. Außerdem müssen wir<br />

das Problem als echtes Dreikörperproblem lösen, um auch ein Gefühl für die Stabilität des<br />

Lagrange-Punktes zu entwickeln.<br />

Verständnisfrage 18 Versuchen Sie, anschaulich zu erklären, welchen Einfluss die Zentrifugalkraft<br />

beim Aufhängen eines Satelliten im Lagrange-Punkt hat. Spielt die Corioliskraft<br />

eine Rolle?<br />

§ 225 Nehmen wir als Bezugssystem ein kartesischens Koordinatensystem mit dem Ursprung<br />

im Massenmittelpunkt des Systems Sonne–Erde und der x-Achse entlang der gemeinsamen<br />

Verbindungslinie. 24 Zur Herleitung der Bewegungsgleichung seien jetzt die Einheiten von<br />

Masse, Entfernung und Zeit so gewählt, dass γ(M +m), der konstante Abstand zwischen den<br />

beiden schweren Körpern und die Gravitationskonstante γ gleich 1 gesetzt werden. 25 Aus<br />

Keplers drittem Gesetz ergibt sich, dass die konstante Winkelgeschwindigkeit n der beiden<br />

schweren Körper in einem Inertialsystem ebenfalls gleich 1 ist. In diesen Einheiten ist m das<br />

Verhältnis der kleineren Masse zur Summe der beiden Massen. Die Abstände der Massen M<br />

und m vom Massenschwerpunkt sind dann m und (1-m). Das Bezugssystem sei so gewählt,<br />

dass es mit der Winkelgeschwindigkeit ω = 1 um den Massenschwerpunkt in der Bahnebene<br />

der beiden schweren Körper rotiert. Dann befinden sich die beiden schweren Massen m und<br />

M stets an festen Punkten auf der x-Achse.<br />

§ 226 Die Bewegung einer Testmasse am Punkt (x, y) ist mit diesen Abkürzungen gegeben<br />

durch die Bewegungsgleichung<br />

d2x dy<br />

− 2<br />

dt2 dt<br />

= x − (1 − m)(x − m)<br />

r 3 1<br />

−<br />

m(x − 1 + m)<br />

r 3 2<br />

23Diesen Effekt nutzt man bei den beiden Stereo Satelliten [500] aus: sie befinden sich in leicht elliptischen<br />

Orbits in der Nähe von 1 AU; der eine fällt langsam hinter der Erde zurück, der andere eilt ihr etwas voraus.<br />

Dadurch entsteht eine Konstellation, in der sich beide Satelliten zunehmend voneinander entfernen und so<br />

die gleichzeitige Beobachtung an unterschiedlichen Orten im interplanetaren Raum erlauben.<br />

24Eingeschränktes Dreikörperproblem: die Testmasse wird als klein gegen die beiden anderen Massen betrachtet,<br />

so dass der Massenmittelpunkt aller drei Massen mit dem Massenmittelpunkt der beiden großen<br />

Massen zusammen fällt.<br />

25Dimensionslose Größen sind bei der (analytischen) Betrachtung komplexerer Probleme immer hilfreich.<br />

Aus praktischen Gesichtspunkten haben sie den Vorteil, dass man dann nicht so viele Konstanten mit sich<br />

rumschleppt. <strong>Physik</strong>alisch lassen sich die diemensionslosen Größen auch so interpretieren, dass man sie als charakteristische<br />

Größen des Systems betrachtet und alle anderen Größen in Einheiten dieser charakteristischen<br />

Größen angibt. Beim einfachen Federpendel bedeutet die Reduktion der Differentiagleichung ¨x + ω2 0x = 0 auf<br />

die dimensionslose Variante ¨x + ω2 0x = 0 nur, dass man ω0 = 1 setzt und damit alle Zeiten in Einheiten der<br />

Periodendauer angegeben werden.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 2. Juli 2008<br />

und

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