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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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102 S u S a n n e k. Sc H M i d t<br />

unter dem Einfluss amerikanischer (o<strong>der</strong> dort sozialisierter) Politikwissenschaftler<br />

hat die Rechtsprechung des EuGH eine breite Aufmerksamkeit erfahren (Alter<br />

2001; Conant 2002; Garrett 1995; Garrett/Kelemen/Schulz 1998; Kelemen<br />

2006; Mattli/Slaughter 1998; Stone Sweet/Brunell 1998) und so die europäische<br />

Vernachlässigung von Gerichten als politische Akteure (Bellamy 2008; Reh<strong>der</strong><br />

2007) für den Bereich <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> zu kompensieren vermocht.<br />

Während die Rolle des EuGH als <strong>Integration</strong>smotor unbestritten ist, wird aber<br />

die Entwicklung von Richterrecht durch den EuGH unterhalb <strong>der</strong> bahnbrechenden<br />

Urteile (wie Van Gend, Costa, Cassis, Keck, Francovich) vergleichsweise<br />

selten verfolgt. So existiert eine geson<strong>der</strong>te Literatur zum EuGH, wie aber<br />

das Richterrecht des EuGH mit dem durch die Legislative geprägten <strong>Integration</strong>sprozess<br />

verzahnt ist, wird kaum analysiert (siehe auch Dehousse 1998).<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung des EuGH für die alltägliche <strong>Integration</strong> wird sicherlich auch<br />

vernachlässigt, weil sich die Politikwissenschaft wenig mit dem Binnenmarkt befasst.<br />

Der Binnenmarkt ist zwar als »Herzstück« <strong>der</strong> <strong>Integration</strong> unbestritten,<br />

wird aber verglichen mit einzelnen Politikfel<strong>der</strong>n wenig untersucht (Franchino<br />

2005). Gerade in <strong>der</strong> Binnenmarktpolitik ist Richterrecht jedoch kaum zu<br />

übersehen, da die Grundfreiheiten und ihre Auslegung durch den Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) eine bestimmende Rolle spielen. Gleichzeitig hat <strong>der</strong><br />

Binnenmarkt erhebliche Auswirkungen auf an<strong>der</strong>e Politikfel<strong>der</strong>, beispielsweise<br />

die Gesundheitspolitik, die Sozialpolitik (Leibfried 2005), den Umwelt- o<strong>der</strong><br />

Konsumentenschutz. <strong>Die</strong> Pflicht, den freien Austausch von Waren, <strong>Die</strong>nstleistungen,<br />

Kapital und Personen zu gewährleisten, konfligiert potenziell mit den<br />

unterschiedlichsten Sektorpolitiken.<br />

Im Folgenden geht es darum, die Wechselwirkung zwischen judikativer und<br />

legislativer Politik näher herauszuarbeiten, um damit auf einen wichtigen Aspekt<br />

<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Spannung zwischen negativer und positiver <strong>Integration</strong> resultierenden<br />

<strong>Integration</strong>sdynamik zu verweisen. Dabei wird judikative Politik in Analogie<br />

zu exekutiver o<strong>der</strong> legislativer Politik als von <strong>der</strong> Judikative getroffene allgemeinverbindliche<br />

Entscheidungen gefasst.<br />

2 Der Kontext legislativer Politik<br />

Positive und negative <strong>Integration</strong>, so das Argument des Aufsatzes, interagieren,<br />

positive <strong>Integration</strong> ist oft eng verknüpft mit negativer <strong>Integration</strong>. Nun ist allerdings<br />

<strong>der</strong> Anreiz zur gemeinsamen Re-Regulierung, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> einseitigen<br />

Liberalisierung auf EU-Ebene folgt, ein in <strong>der</strong> Literatur seit Majone (1992) öfters<br />

diskutiertes Thema. Indirekt setzen Liberalisierungsentscheidungen einen

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