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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 103<br />

Anreiz zur Re-Regulierung. Nur in den seltensten Fällen wird es eine Option<br />

sein, zuvor national hoch regulierte Sektoren direkt in einen unregulierten <strong>europäischen</strong><br />

Markt zu überführen. Insofern schafft sich die Kommission durch<br />

Liberalisierungsvorschläge eine Basis, von <strong>der</strong> aus sie erfolgreich Vorschläge für<br />

Re-Regulierung unterbreiten kann (Vogel 1996; Majone 1992; Young 1994).<br />

Relativ vernachlässigt wird dagegen in <strong>der</strong> Literatur die unterschiedliche institutionelle<br />

Basis von positiver und negativer <strong>Integration</strong>. <strong>Die</strong> für die positive<br />

<strong>Integration</strong> im Allgemeinen notwendige legislative gegenüber <strong>der</strong> für negative<br />

<strong>Integration</strong> meist ausreichenden judikativen Politik machen den Kern des<br />

Scharpf ’schen Arguments aus (Scharpf 2006: 854). Gäbe es diese institutionellen<br />

Unterschiede nicht, müsste man nicht von einem Ungleichgewicht zugunsten<br />

<strong>der</strong> negativen <strong>Integration</strong> in <strong>der</strong> EU sprechen.<br />

Stellt man die grundlegenden institutionellen Unterschiede zwischen positiver<br />

und negativer <strong>Integration</strong> heraus, bedeutet die in <strong>der</strong> Literatur breit anerkannte<br />

Wechselwirkung zwischen beiden <strong>Integration</strong>sformen, dass legislative<br />

Politik oft erst im Kontext <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH verständlich wird.<br />

<strong>Die</strong> im institutionellen Kontext <strong>der</strong> EU einfacher zu verwirklichende negative<br />

<strong>Integration</strong> durch judikative Politik, so das Argument, strahlt auf die legislative<br />

Politik aus, sodass letztere auch nur durch erstere verständlich wird. <strong>Die</strong> negative<br />

<strong>Integration</strong> des EuGH beschreibt den Kontext, durch den viel <strong>der</strong> legislativen<br />

Politik motiviert wird (bei <strong>der</strong> es sich sowohl um positive als auch um negative<br />

<strong>Integration</strong> handeln kann). Wobei es im Folgenden nicht darum geht, ein solches<br />

Versäumnis <strong>der</strong> zahlreichen rein legislativen Studien konkret nachzuweisen<br />

(für einen Überblick siehe Hörl/Warntjen/Wonka 2005), son<strong>der</strong>n vielmehr die<br />

Verknüpfung legislativer mit judikativer Politik darzulegen.<br />

Dafür sind mehrere Schritte notwendig. Zunächst wird gezeigt, wie <strong>der</strong> Zugang<br />

zu judikativer Politik erfolgt. Dann wird am Beispiel <strong>der</strong> Warenverkehrsfreiheit<br />

nachgezeichnet, wie sich die Rechtsprechung des EuGH verän<strong>der</strong>t.<br />

Darauf aufbauend wird die These entwickelt, dass die sich wandelnde Vertragsinterpretation<br />

einen Kontext von Rechtsunsicherheit für die Mitgliedstaaten erzeugt.<br />

Je nach Interpretation dieser Rechtsunsicherheit än<strong>der</strong>t sich die Verhandlungsposition<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten, wie danach dargelegt wird. Dabei bezieht sich<br />

Rechtsunsicherheit allein auf die mangelnde Fähigkeit, die Rechtsprechung vorherzusagen;<br />

weitere Aspekte wie Verfahrensrechte, die man unter <strong>der</strong> Frage von<br />

Rechtssicherheit erörtert, werden ausgeklammert.<br />

2.1 Der Zugang zu judikativer Politik<br />

Wichtig für die Rolle judikativer Politik im <strong>Integration</strong>sprozess ist zunächst die<br />

Frage nach ihrer Initiierung. Von sich aus kann <strong>der</strong> EuGH nicht tätig werden,

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