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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 119<br />

We cannot expect European businesses to set the global competitiveness standard or to give<br />

their customers the quality and choice they deserve while they still have their hands tied behind<br />

their backs by national red tape, eleven years after the 1993 deadline for creating a real Internal<br />

Market. Some of the national restrictions are archaic, overly burdensome and break EU law.<br />

Those have simply got to go. A much longer list of differing national rules needs sweeping<br />

regulatory reform. 11<br />

<strong>Die</strong> öffentliche Auseinan<strong>der</strong>setzung, die auf diesen Vorschlag folgte, ist bekannt.<br />

Während <strong>der</strong> Binnenmarkt in <strong>der</strong> öffentlichen Meinung bis dahin ein<br />

Schattendasein fristete, wurde die politische Auseinan<strong>der</strong>setzung um die <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

äußerst engagiert geführt und resultierte nicht zuletzt in <strong>der</strong><br />

Ablehnung des Verfassungsvertrages in den Referenden in Frankreich und den<br />

Nie<strong>der</strong>landen (Howarth 2007: 94; Maatsch 2007). Der »permissive Konsensus«,<br />

auf dem die europäische <strong>Integration</strong> beruht, wurde damit nachhaltig gefährdet<br />

(Schäfer 2006). Insofern überrascht, dass innerhalb <strong>der</strong> Kommission überhaupt<br />

die notwendige Zustimmung für diesen Vorschlag erreicht werden konnte. 12 <strong>Die</strong><br />

zuständige Binnenmarktgeneraldirektion hatte das Vorhaben vor seiner Veröffentlichung<br />

mit den Mitgliedstaaten beraten und dabei keine Hinweise auf das<br />

Ausmaß des Wi<strong>der</strong>standes erlangt (Nicolaïdis/Schmidt 2007: 722). Ein wichtiges<br />

Argument für die <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie war zudem, dass hierdurch lediglich<br />

die Rechtsprechung des EuGH zur <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit kodifiziert<br />

werde. <strong>Die</strong> Richtlinie verdeutliche den bestehenden acquis communautaire für Unternehmen<br />

und erhöhe so die Rechtssicherheit, wurde kommissionsintern argumentiert.<br />

Aus dieser Sicht sollte <strong>der</strong> Legislativprozess also lediglich die bereits<br />

vollzogene judikative Politik aufarbeiten.<br />

Betrachtet man die Rechtsprechung zur <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit, erscheint<br />

<strong>der</strong> Vorschlag für eine <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie jedoch als eine deutliche Radikalisierung<br />

(Witte 2007: 9f.). Bis zur Jahrtausendwende sprach <strong>der</strong> EuGH den Mitgliedstaaten<br />

weitgehende Rechte zur Auferlegung des Tätigkeitslandprinzips zu<br />

(Hatzopoulos 2000). <strong>Die</strong>s än<strong>der</strong>t sich in den letzten Jahren (Hatzopoulos/Do<br />

2006). <strong>Die</strong>se in Entwicklung befindlichen Verän<strong>der</strong>ungen griff die Kommission<br />

in ihrem Vorschlag auf und radikalisierte sie, vergleichbar wie sie das bereits mit<br />

dem Binnenmarktprogramm, aufbauend auf dem Cassis-de-Dijon-Urteil, getan<br />

hatte (Alter/Meunier-Aitsahalia 1994).<br />

Angesichts <strong>der</strong> erheblichen politischen Proteste war ein Kompromiss zur<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie nur <strong>der</strong>gestalt möglich, dass das Herkunftslandprinzip<br />

gestrichen wurde. Stattdessen wird nur noch von <strong>der</strong> Ermöglichung <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit<br />

gesprochen. Allgemein räumt die endgültige <strong>Die</strong>nstleistungs-<br />

11 Rapid press release IP/04/37, 13.1.2004: Services: Commission proposes Directive to cut red<br />

tape that stifles Europe’s competitiveness.<br />

12 Ich danke Ivo Maes für diesen Hinweis.

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