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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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78 f r i t z w. Sc H a r p f<br />

Ähnliche Unterschiede bestehen in Bezug auf die Finanzierung des Sozialstaates.<br />

So wurden 1993 81 Prozent <strong>der</strong> Sozialausgaben in Dänemark aus dem<br />

allgemeinen Steueraufkommen bestritten, gegenüber 44 Prozent im Vereinigten<br />

Königreich und nur 19,6 Prozent in Frankreich. Stattdessen finanzieren sich<br />

die von <strong>der</strong> Tradition des »Bismarck-Modells« geprägten kontinentalen Sozialsysteme<br />

hauptsächlich aus lohnbezogenen Beiträgen <strong>der</strong> Arbeitgeber und Arbeitnehmer.<br />

<strong>Die</strong>se beliefen sich auf mehr als 72 Prozent des Sozialbudgets in<br />

Frankreich, auf mehr als 65 Prozent in Belgien, auf ungefähr 60 Prozent in<br />

Deutschland und Italien, auf ungefähr 55 Prozent im Vereinigten Königreich<br />

und in den Nie<strong>der</strong>landen, auf 37 Prozent in Irland und auf weniger als 12 Prozent<br />

in Dänemark (BMA 1996: 13).<br />

Schließlich und vor allem gibt es sehr große Unterschiede in den institutionellen<br />

Strukturen des Sozialstaates und den Systemen kollektiver Arbeitsbeziehungen.<br />

So wird die ärztliche Versorgung in Großbritannien und den skandinavischen<br />

Län<strong>der</strong>n durch nationale Gesundheitssysteme gewährleistet und durch<br />

staatliche Budgets finanziert. Dagegen werden Gesundheitsdienste auf dem<br />

Kontinent typischerweise von Krankenhäusern (die zumeist von gemeinnützigen<br />

Trägern betrieben werden) und von nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten in Privatpraxen<br />

erbracht, <strong>der</strong>en Finanzierung durch die Abgeltung von Einzelleistungen von<br />

gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Auch bei den Altersrenten gibt<br />

es in einigen Staaten eine steuerfinanzierte und einheitliche Grundsicherung,<br />

die durch einkommensbezogene Zusatzversicherungen ergänzt werden, während<br />

an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> nur eine allgemeine, einkommensbezogene Rentenpflichtversicherung<br />

kennen. Darüber hinaus werden einige dieser Systeme nach dem<br />

Kapitaldeckungsprinzip finanziert, während bei an<strong>der</strong>en die laufenden Renten<br />

aus den laufenden Beiträgen finanziert werden.<br />

Auch bei den kollektiven Arbeitsbeziehungen stieße <strong>der</strong> Versuch einer Harmonisierung<br />

auf erhebliche institutionelle Schwierigkeiten. Einige Län<strong>der</strong> haben<br />

starke, an<strong>der</strong>e haben schwache Gewerkschaften. In einigen Län<strong>der</strong>n folgt <strong>der</strong>en<br />

Organisation parteipolitischen o<strong>der</strong> ideologischen Kriterien, in an<strong>der</strong>en gibt es<br />

politisch neutrale Einheitsgewerkschaften, die in manchen Län<strong>der</strong>n nach dem<br />

Industrieprinzip, in an<strong>der</strong>en nach dem Berufsprinzip organisiert sind. Lohnverhandlungen<br />

werden in einigen Län<strong>der</strong>n branchenübergreifend und zentral<br />

geführt, in an<strong>der</strong>en finden sie auf <strong>der</strong> sektoralen und regionalen Ebene statt, in<br />

noch an<strong>der</strong>en sind sie stark dezentralisiert. Schließlich ist das System <strong>der</strong> industriellen<br />

Beziehungen in einigen Län<strong>der</strong>n stark verrechtlicht, während in an<strong>der</strong>en<br />

die Prinzipien des »free collective bargaining« auch von den Gewerkschaften<br />

verteidigt werden (Crouch 1993).<br />

<strong>Die</strong> Existenz gravieren<strong>der</strong> ideologischer, ökonomischer und institutioneller<br />

Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten wird die Einigung auf gemeinsame

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