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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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76 f r i t z w. Sc H a r p f<br />

Binnenmarkt wettbewerbsfähig bleiben sollen, so müssen sie nicht nur niedrigere<br />

Löhne zahlen dürfen als ihre Konkurrenten an Standorten mit höherer<br />

Produktivität, son<strong>der</strong>n es müssen auch die Kostenlasten des Umweltschutzes,<br />

des Sozialstaates und an<strong>der</strong>er staatlicher Auflagen niedriger gehalten werden. 36<br />

Tatsächlich beliefen sich auch die gesamten Sozialausgaben in Portugal 1993<br />

auf nur 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während Dänemark 31 Prozent<br />

seines dreimal so hohen Bruttoinlandsprodukts für die soziale Sicherung aufwandte<br />

(OECD 1996a). Im Effekt gab Portugal pro Kopf also nur ein Sechstel<br />

des dänischen Betrages für soziale Maßnahmen aus; ein ähnliches Verhältnis<br />

ergibt sich auch bei den Umweltschutzausgaben.<br />

Würden nun aber die nationalen Standards <strong>der</strong> Sozial- und Umweltpolitik<br />

etwa auf dänischem Niveau harmonisiert, so würde die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

von Volkswirtschaften mit geringerer Produktivität zerstört.<br />

Würde eine entsprechende Absenkung <strong>der</strong> Wechselkurse zugelassen, so müsste<br />

das über höhere Preise zu einer Verarmung <strong>der</strong> Verbraucher führen. Wäre aber<br />

die Abwertung <strong>der</strong> Währung ausgeschlossen, so müsste die höhere Kostenbelastung<br />

durch Lohnverzichte kompensiert werden, wenn ein massiver Abbau<br />

von Arbeitsplätzen vermieden werden soll – wie er ja in Ostdeutschland eintrat,<br />

nachdem die relativ rückständige DDR-Wirtschaft unter einer einheitlichen<br />

Währung den westdeutschen gesetzlichen Normen und Abgabenlasten und <strong>der</strong><br />

westdeutschen Lohnpolitik ausgesetzt wurde. Einvernehmliche Lösungen wären<br />

auch dann nicht zu erreichen, wenn die Kosten <strong>der</strong> Sozial- und Umweltpolitik<br />

nicht den Unternehmen auferlegt, son<strong>der</strong>n durch höhere Einkommen- o<strong>der</strong><br />

Verbrauchssteuern finanziert würden. Da die Durchschnittseinkommen viel<br />

niedriger sind, könnten sich die Bürger weniger entwickelter Staaten Vorschriften<br />

auf einem Schutzniveau, das den politischen Vorstellungen und <strong>der</strong> Zahlungsbereitschaft<br />

<strong>der</strong> reichen Mitgliedstaaten entspricht, nicht leisten. Wenn sie<br />

vollständig informiert sind, könnten ihre Regierungen deswegen nicht in ernster<br />

Absicht 37 gemeinsamen <strong>europäischen</strong> Vorschriften zustimmen, die <strong>der</strong>artige<br />

Folgen nach sich zögen.<br />

36 Nach Untersuchungen <strong>der</strong> Schwedischen Arbeitgebervereinigung (SAF) betrugen die Gesamtkosten<br />

einer Arbeitsstunde in <strong>der</strong> Industrie 1993 33 Schwedische Kronen in Portugal, 56 Kronen<br />

in Griechenland und 204 Kronen in Deutschland (Kosonen 1994).<br />

37 Auch ohne Ausgleichszahlungen besteht selbstverständlich immer die Möglichkeit, dass manche<br />

Regierungen mangels ausreichen<strong>der</strong> Information (Joerges/Neyer 1997) o<strong>der</strong> vielleicht auch in<br />

<strong>der</strong> Erwartung von Implementationsdefiziten (Mendrinou 1996) keine Einwendungen erheben.

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