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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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n a t i o n a l e So z i a l S t a a t e n i n d e r eu r o p ä i S c H e n un i o n 359<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten, ist aber gleichzeitig (im Ansatz) EU-verfassungsmäßig in<br />

einen gemeinsamen prozeduralen Rahmen von Aufsicht, Beratung und Konzertierung<br />

eingebunden, und potenziell offen für eine nachfolgende regulative<br />

»Verhärtung«. <strong>Die</strong> Entstehung und Harmonisierung von EU-Sozialpolitik beziehungsweise<br />

das Werden einer europäisch homogenisierten nationalen Sozialpolitik<br />

als »konzertierte Konvergenz« ist somit zunächst eher Ergebnis wechselseitiger<br />

Anpassung und zunehmen<strong>der</strong> Übereinstimmung als Folge zentraler<br />

Steuerung.<br />

Natürlich würden sich die hier aufgeworfenen Fragen neu stellen, wenn die<br />

EU von dem bisher weitgehend beschrittenen Weg <strong>der</strong> verfassungsmäßigen<br />

Symmetrie abkäme und zu einer umfassenden o<strong>der</strong> sektoral asymmetrischen Mehrebenenentwicklung<br />

überginge, sei es de facto o<strong>der</strong> vor allem de jure, wofür wir<br />

auch bundesstaatliche Beispiele finden (Watts 1999: 66–68): In einem Europa<br />

<strong>der</strong> »variablen sozialen Geometrie« könnten etwa die Mitgliedstaaten <strong>der</strong> »alten«<br />

EG-6 plus beispielsweise Österreich eine Supranationalisierung eines mo<strong>der</strong>nisierten<br />

konservativen Sozial(versicherungs)staatsmodells unternehmen, was ihnen<br />

in <strong>der</strong> EU-27 verwehrt wäre. 18 <strong>Die</strong> Praxis <strong>der</strong> »Klub-Bildung« müsste allerdings<br />

eine transparente, effektiv regelgebundene and anschlussoffene sein. Wie<br />

die Bypässe in einer solchen Konstellation ausfallen würden, ist schwer vorauszusagen,<br />

aber auch hier dürfte ein schärfer zupackendes regulatives Muster die<br />

Führung behalten.<br />

Allerdings wird man sich bei <strong>der</strong> heutigen EU-27 fragen müssen, ob es hier<br />

nur noch, wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren, um »unterschiedliche Geschwindigkeiten«<br />

gehen kann o<strong>der</strong> ob nicht vielmehr unterschiedliche politökonomische<br />

Formationen dauerhaft festgeschrieben werden. Wie aus asymmetrisch<br />

verfassten Bundesstaaten – etwa Kanada und Belgien – und ansatzweise auch<br />

aus Großbritannien bekannt ist, würde das Ausscheren aus <strong>der</strong> Symmetrie ganz<br />

erhebliche Koordinierungsprobleme für Organisation, Recht und Entscheidungsverfahren<br />

des Gesamtgemeinwesens, hier <strong>der</strong> EU, aufwerfen; das wirft<br />

Probleme auf, von denen uns die Zeiten des Sozialprotokolls (1992 bis 1999)<br />

mit dem Ausscheren Großbritanniens nur eine ganz kleine Kostprobe gegeben<br />

haben. Dennoch ist <strong>der</strong> Weg in die Asymmetrie mit <strong>der</strong> Osterweiterung <strong>der</strong> EU<br />

deutlich plausibler geworden und er wird mit <strong>der</strong> Vertiefung <strong>der</strong> gemeinsam<br />

erfahrenen wachsenden sozialen Herausfor<strong>der</strong>ungen, die auf eine vergemeinschaftete<br />

Lösung drängen, immer wahrscheinlicher – ja ist vielleicht als »kanalisierte<br />

Druckentladung« und für die Bestandserhaltung <strong>der</strong> Union zwingend. Wir<br />

leben allerdings seit <strong>der</strong> Jahrtausendwende zum ersten Mal in Zeiten, in denen<br />

18 <strong>Die</strong>se »EG-Bismarck-Route« könnten dann auch eine Reihe weiterer Mitgliedstaaten einschlagen<br />

wollen, die durch Konvergenz diese Richtung erst später eingeschlagen haben.

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