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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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376 p e t e r a. Ha l l u n d ro b e r t j. fr a n z e S e , jr .<br />

zukünftige Inflation relativiert werden und deshalb eher bereit sein, sich auf<br />

entsprechende Nominallohnsteigerungen einzulassen. Zweitens ist unwahrscheinlich,<br />

dass die Verhandlungspartner <strong>der</strong> jeweiligen Einheiten gesamtwirtschaftliche<br />

Erwägungen in ihre Entscheidungsprozesse einfließen lassen, weil<br />

jede einzelne Einheit zu klein ist, um allein einen spürbaren Einfluss auf die<br />

Gesamtwirtschaft auszuüben. <strong>Die</strong>s wird zusätzlich durch den Umstand verstärkt,<br />

dass jede Einheit erwarten muss, dass alle an<strong>der</strong>en Einheiten ähnliche<br />

Erwägungen anstellen. Würde sich also eine Gewerkschaft im gesamtwirtschaftlichen<br />

Interesse zur Lohnmo<strong>der</strong>ation entschließen, wäre das Ergebnis – solange<br />

sich die an<strong>der</strong>en Einheiten dieser Entscheidung nicht anschließen – ein Reallohnverlust<br />

<strong>der</strong> eigenen Einheit. 14 Und drittens werden Geld- und Fiskalpolitik<br />

unter Umständen deflationäre Maßnahmen einleiten, wenn die Lohnpolitik auf<br />

gesamtwirtschaftlicher Ebene inflationäre Wirkungen entfaltet. In solch einem<br />

unkoordinierten Szenario werden die einzelnen Akteure diese Erwartungen jedoch<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in ihre Abschlüsse einfließen lassen.<br />

Denn sie wissen, dass Geld- und Fiskalpolitik nicht auf ihre eigenen Abschlüsse<br />

reagieren, son<strong>der</strong>n auf gesamtwirtschaftliche Ergebnisse, die sie allein kaum<br />

beeinflussen können. Kurz: In einem unkoordinierten Rahmen ist es unwahrscheinlich,<br />

dass einzelne Akteure sich von <strong>der</strong> Drohung mit deflationärer Geld-<br />

und Fiskalpolitik beeinflussen lassen.<br />

Man vergleiche dies mit einem Szenario, in dem Lohnverhandlungen koordiniert<br />

erfolgen. In diesem Fall kommt einem zentralen Abschluss o<strong>der</strong> einem<br />

Pilotabschluss erheblicher Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung<br />

zu. Das hat eine Reihe von Implikationen. Erstens: <strong>Die</strong> Verhandlungsführer<br />

in je<strong>der</strong> Einheit (und vor allem in <strong>der</strong> Einheit mit Lohnführerschaft) können<br />

davon ausgehen, dass sich die nachfolgenden Abschlüsse am eigenen Abschluss<br />

orientieren werden, womit keine Notwendigkeit mehr besteht, einen pauschalen<br />

Inflationszuschlag einzukalkulieren. Zweitens: Weil man in <strong>der</strong> Einheit mit<br />

Lohnführerschaft weiß, dass sich <strong>der</strong> eigene Abschluss auf die gesamte Wirtschaft<br />

übertragen wird, besteht ein großer Anreiz, den gesamtwirtschaftlichen<br />

Implikationen Rechnung zu tragen. Es ist also zu erwarten, dass sich Erwägungen<br />

über Inflationsraten, Arbeitslosigkeit und nationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

vor allem in koordinierten Lohnverhandlungssystemen auf die Ergebnisse nie<strong>der</strong>schlagen<br />

werden. Daraus folgt eine wichtige empirische Hypothese: Allgemein<br />

sollten koordinierte Lohnverhandlungen mit niedrigeren Inflationsraten<br />

einhergehen – ob die Zentralbank nun unabhängig ist o<strong>der</strong> nicht.<br />

Entscheidend für unsere Argumentation ist aber vor allem, wie das Lohnverhandlungssystem<br />

mit den Eigenschaften <strong>der</strong> Zentralbank interagiert. <strong>Die</strong> Un-<br />

14 <strong>Die</strong>s steht im Einklang mit <strong>der</strong> Argumentation von Olson (1965, 1982).

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