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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d i e e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n i n p o l i t ö k o n o M i S c H e r pe r S p e k t i V e 33<br />

ischen Union bisher nicht herausgebildet. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher<br />

Inflationsraten übersetzt sich <strong>der</strong>selbe Nominalzins in unterschiedliche<br />

nationale Realzinsen – mit dem paradoxen Ergebnis, dass die Realzinsen gerade<br />

dort niedrig sind, wo sie eigentlich hoch sein sollten, um vergleichsweise<br />

überhitzte Konjunkturen nicht zusätzlich anzuheizen, und dass sie gerade dort<br />

hoch sind, wo zur Ankurbelung <strong>der</strong> Konjunktur eigentlich niedrige Realzinsen<br />

wünschenswert wären. Wie En<strong>der</strong>lein argumentiert, haben diese unterschiedlichen<br />

Problemlagen in <strong>der</strong> Folge unterschiedliche politische Strategien institutioneller<br />

Anpassung an die Wirtschafts- und Währungsunion hervorgerufen. In<br />

den Hochinflationslän<strong>der</strong>n versuchten die Regierungen, im Rahmen sogenannter<br />

Sozialer Pakte auf eine verbesserte politische Steuerbarkeit <strong>der</strong> Lohnentwicklung<br />

hinzuwirken (vgl. auch Hassel 2006). In den Niedriginflationslän<strong>der</strong>n<br />

hingegen konnte die Lohnpolitik zur Bewältigung <strong>der</strong> makroökonomischen<br />

Probleme wenig beitragen. Zudem waren in Reaktion auf den Wegfall <strong>der</strong> Geldpolitik<br />

aus dem Instrumentenkasten nationaler Wirtschaftspolitik Reformen zu<br />

beobachten, die auf eine verbesserte Steuerbarkeit <strong>der</strong> Fiskalpolitik zielten und<br />

häufig die Stellung des Finanzministers gegenüber den Kabinettskollegen stärkten.<br />

En<strong>der</strong>leins Argumentation hat brisante Implikationen im Hinblick auf den<br />

mittelfristig bevorstehenden Beitritt <strong>der</strong> ost<strong>europäischen</strong> EU-Mitgliedstaaten<br />

zur Wirtschafts- und Währungsunion: Bevor die wirtschaftspolitischen Institutionen<br />

<strong>der</strong> ost<strong>europäischen</strong> Län<strong>der</strong> nicht so weit umgebaut sind, dass sie<br />

den destabilisierenden Zinseffekt kompensieren o<strong>der</strong> zumindest entscheidend<br />

abfe<strong>der</strong>n können, erscheint die Erweiterung des <strong>europäischen</strong> Währungsraums<br />

nicht sinnvoll.<br />

Wie diese Beispiele zeigen, unterscheiden sich die wirtschaftlichen und sozialen<br />

Effekte <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> zwischen den Mitgliedstaaten. <strong>Die</strong>se<br />

Unterschiede schlagen sich ihrerseits auf die Einstellungen <strong>der</strong> Bevölkerungen<br />

nie<strong>der</strong>. Das wird in Tiemanns Beitrag deutlich. Anhand von Mehrebenenanalysen<br />

von Eurobarometer-Daten zur Zustimmung <strong>der</strong> Bevölkerungen zur <strong>europäischen</strong><br />

<strong>Integration</strong> im Zeitraum von 1973 bis 2002 gelingt es ihm, sowohl<br />

zeithistorische als auch transnationale Unterschiede im Zustimmungsgrad zum<br />

<strong>europäischen</strong> Einigungsprozess aufzuzeigen. In den Neunzigerjahren brach<br />

die Zustimmung zur Europäischen Union in einigen ihrer Gründungsstaaten<br />

erheblich ein, so in Belgien, Frankreich und Deutschland. Bemerkenswert ist<br />

in unserem Zusammenhang, dass für hoch regulierte Produktions- und Verteilungsregime<br />

wie Dänemark, Finnland und Schweden linker Euroskeptizismus<br />

typisch ist, während das <strong>Integration</strong>sprojekt dort auf <strong>der</strong> politischen Rechten<br />

als Einfallstor durchgreifen<strong>der</strong> Deregulierung interpretiert und deshalb unterstützt<br />

wird. In Großbritannien zeigt sich hingegen eine inverse politische Konstellation:<br />

Linke Einstellungen gehen mit integrationsfreundlichen Haltungen

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