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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d e r e g u l i e r t e St e u e r p o l i t i k 329<br />

führt. Wenn beispielsweise ein Mitgliedstaat eine bestimmte Steuerentlastung<br />

nur gewährt, weil er den Begünstigten zu einem an<strong>der</strong>en Zeitpunkt einer beson<strong>der</strong>en<br />

Belastung durch dieselbe Steuer unterwirft, dann darf er durch restriktive<br />

Regeln sicherstellen, dass dieser sich <strong>der</strong> Belastung nicht durch Abwan<strong>der</strong>ung<br />

in einen an<strong>der</strong>en Mitgliedstaat entzieht. Restriktive Regeln, die für Steuergerechtigkeit<br />

im Hinblick auf an<strong>der</strong>e Steuern und Personen sorgen sollen, sind dagegen<br />

nach ständiger Rechtsprechung nicht durch den Grundsatz <strong>der</strong> steuerlichen<br />

Kohärenz geschützt. Mögliche systematische Zusammenhänge zwischen verschiedenen<br />

Steuerarten werden dadurch negiert (Williams 1997). <strong>Die</strong> von uns<br />

hervorgehobenen indirekten Effekte des Körperschaftsteuerwettbewerbs auf die<br />

Einkommensbesteuerung bleiben außerhalb <strong>der</strong> richterlichen Erwägung.<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass we<strong>der</strong> Kommission und Ministerrat noch<br />

EuGH bisher den Unternehmenssteuerwettbewerb wesentlich eingeschränkt<br />

haben. Der Ministerrat hat den Wettbewerbsdruck nicht durch Harmonisierungsmaßnahmen<br />

reduziert, son<strong>der</strong>n lediglich durch den Verhaltenskodex auf<br />

die allgemeinen Sätze konzentriert. Der EuGH hat es Unternehmen erleichtert,<br />

nationale Steuersatzdifferenzen zum eigenen Vorteil auszubeuten. Seine Rechtsprechung<br />

stellt die Steuerarbitrage unter den Schutz <strong>der</strong> fundamentalen Freiheitsgarantien<br />

des Vertrages und erschwert den Mitgliedstaaten dadurch, sich<br />

dem Steuerwettbewerb durch unilaterale Abwehrmaßnahmen zu entziehen.<br />

5 <strong>Die</strong> Entpolitisierung <strong>der</strong> persönlichen Einkommensteuer<br />

Wir haben gezeigt, dass die Unternehmens- und Einkommensbesteuerung in<br />

Europa durch eine beachtliche Asymmetrie zwischen negativer und positiver<br />

<strong>Integration</strong> gekennzeichnet ist. <strong>Die</strong> negative <strong>Integration</strong> ist weit fortgeschritten<br />

und hat einen starken Wettbewerb um niedrige Körperschaftsteuertarife ausgelöst.<br />

<strong>Die</strong>ser Wettbewerb schränkt die nationalen Handlungsspielräume nicht<br />

nur in <strong>der</strong> Unternehmensbesteuerung selbst, son<strong>der</strong>n indirekt auch in <strong>der</strong> persönlichen<br />

Einkommensbesteuerung ein. <strong>Die</strong> positive <strong>Integration</strong> dagegen ist<br />

schwach entwickelt. Ministerrat und Kommission haben bisher wenig unternommen,<br />

um den Steuerwettbewerb unter politische Kontrolle zu bringen. Der<br />

EuGH hat ihn durch seine Rechtsprechung sogar eher verschärft.<br />

<strong>Die</strong>ser Befund ist wichtig, weil die progressive Einkommensteuer kein abseitiges<br />

Politikfeld, son<strong>der</strong>n eine zentrale Säule des nationalen Wohlfahrtsstaates<br />

bildet. Sie ist eine Hauptfinanzierungsquelle für wohlfahrtsstaatliche Ausgabenprogramme<br />

und zugleich selbst ein wichtiges verteilungspolitisches Instrument<br />

und Symbol. Und sie ist wichtig für einen effizienten »tax mix« (Kemmerling

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