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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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n a t i o n a l e So z i a l S t a a t e n i n d e r eu r o p ä i S c H e n un i o n 355<br />

in den Verfassungsrevisionen ab 1992 spiegeln. Das verweist auf einen weiteren<br />

Aspekt <strong>der</strong> Beunruhigung über das <strong>der</strong> EU zugerechnete »Demokratiedefizit«.<br />

3.4 Ein europäischer Bypass eigener Art: <strong>Die</strong> Offene Methode<br />

<strong>der</strong> Koordinierung (OMK)<br />

Da mit Ausnahme <strong>der</strong> regulativen Bypass-Strategie die übrigen Umwege im <strong>europäischen</strong><br />

Mehrebenensystem <strong>der</strong>zeit kaum beschreitbar sind, überrascht es<br />

wenig, dass sich in Europa seit den Neunzigerjahren mit <strong>der</strong> Offenen Methode<br />

<strong>der</strong> Koordinierung (OMK) eine Bypass-Strategie durchgesetzt hat, die sich an<br />

die von OECD und IWF seit Längerem praktizierten Koordinierungsverfahren<br />

anlehnt (Schäfer 2005). Ausgehend von <strong>der</strong> Beschäftigungspolitik wurde diese<br />

Methode mittlerweile auf weitere Sozialpolitikfel<strong>der</strong> ausgedehnt. <strong>Die</strong> OMK ist<br />

ein neuartiges Steuerungsinstrument, das auf die Schwierigkeiten reagiert, EUeinheitliche<br />

Politiken mit den herkömmlichen verbindlichen Instrumenten hierarchischer<br />

Steuerung zu erreichen (Radaelli 2003). Stattdessen wird mit nicht<br />

verbindlichen Mitteln (soft law) eine mehr o<strong>der</strong> weniger freiwillige Abstimmung<br />

<strong>der</strong> Politik über das gesamte Mehrebenensystem angestrebt. <strong>Die</strong> Logik dieser<br />

sanfteren Umgehungsstrategie besteht darin, die politische Koordinierung zwischen<br />

den Mitgliedstaaten durch, zumindest anfänglich, weiche Formen des<br />

Regierens zu stärken. Ziel ist es, die Mitgliedstaaten in ihren sozialpolitischen<br />

Reformbestrebungen zu unterstützen, ohne dabei aber in ihre Befugnisse einzugreifen.<br />

Erreicht werden soll dies mit <strong>der</strong> Vereinbarung gemeinsamer Ziele, Leitlinien<br />

und Empfehlungen, durch Informations- und Erfahrungsaustausch (best<br />

practice) sowie mit (statistischen) Leistungsvergleichen (benchmarking). <strong>Die</strong> Methode<br />

setzt damit auf freiwillige Koordinationsleistungen und Policy-Learning<br />

als Impulsgeber für eine Angleichung <strong>der</strong> Sozialpolitik. <strong>Die</strong>ser Verfahrensweg<br />

»jenseits des (materiellen) Rechts« zielt also hauptsächlich auf eine »neue Übersichtlichkeit«<br />

und die Verbreitung von Wissen. Ansatzweise entstehen Elemente<br />

von Verbindlichkeit durch die Überwachungsfunktion <strong>der</strong> Kommission und die<br />

Berichtspflicht <strong>der</strong> Mitgliedstaaten in Gestalt nationaler Aktionspläne.<br />

Wie die Entwicklung <strong>der</strong> sechs untersuchten Bundesstaaten und <strong>der</strong> EU<br />

zeigt – nehmen wir etwa nur einmal die Entwicklung des <strong>europäischen</strong> Währungssystems<br />

von 1957 bis heute (Sny<strong>der</strong> 1999) als ein Beispiel –, steht, wenn<br />

sich dafür eine politische Notwendigkeit ergibt, nichts einer selektiven Verhärtung<br />

dieser weichen Herrschaftsformen entgegen, eben dem »hardening of<br />

soft law«. So könnte in <strong>der</strong> Sozialpolitik ein europäischer »Reformkorridor« für<br />

die Rentenpolitik definiert werden, weil die meisten Mitgliedstaaten in einem alternden<br />

Europa mit <strong>der</strong> Schwierigkeit kämpfen, rechtzeitig eine demografisch

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