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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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164 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

2.1 Projekte<br />

Wie eine Reihe von Beobachtern betont hat, liegt eine Konsequenz <strong>der</strong> vertieften<br />

politischen <strong>Integration</strong> darin, dass die EU Teil <strong>der</strong> Innenpolitik geworden<br />

ist. We<strong>der</strong> institutionelle Reformen (Vertragsrevisionen) noch alltägliche Entscheidungsabläufe<br />

in <strong>der</strong> EU lassen sich durch tradierte außenpolitische Verhaltensmuster<br />

nationaler Regierungen verstehen. Beide werden dadurch bestimmt,<br />

dass sie spürbare innenpolitische Auswirkungen haben. Kurzum: Politik in <strong>der</strong><br />

Europäischen Union gleicht eher <strong>der</strong> Politik in den Mitgliedstaaten als <strong>der</strong> zwischen<br />

ihnen.<br />

Im Rest dieses Kapitels untersuchen wir die Implikationen und den substanziellen<br />

Charakter <strong>der</strong> Politisierung <strong>der</strong> EU. Wir versuchen zu zeigen, dass die<br />

EU-Politik vorhersagbaren Mustern folgt. Mit unserer Analyse möchten wir Ansätze<br />

überwinden, die europäische Entscheidungsverfahren wegen ihrer vermeintlichen<br />

Undurchschaubarkeit als undurchdringliche »Ursuppe« (Richardson<br />

1996) beschreiben o<strong>der</strong> die davon ausgehen, dass Politik in <strong>der</strong> EU <strong>der</strong> Unbestimmbarkeit<br />

des »Garbage-Can«-Modells entspricht (Kingdon 1984; Marsh/<br />

Olsen 1989; Peters 1992 ). Im Gegensatz dazu verstehen wir die EU-Politik als<br />

Zusammenspiel von und Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen einer begrenzten Anzahl<br />

allgemeiner politischer Entwürfe o<strong>der</strong> »Projekte« – und nicht bloß als Abfolge<br />

unverbundener Entscheidungen. <strong>Die</strong>se Projekte bestehen aus in sich stimmigen<br />

Entwürfen für die institutionelle Gestaltung <strong>der</strong> EU, um die sich politische<br />

Akteure auf europäischer, nationaler und subnationaler Ebene gruppieren.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e zwei Projekte haben während <strong>der</strong> Debatte über das sich entwickelnde<br />

Gemeinwesen <strong>der</strong> EU im Mittelpunkt gestanden. Das neoliberale Projekt<br />

zielt darauf ab, Märkte gegen politische Einmischung abzuschotten. Während<br />

die Voraussetzungen für die wirtschaftliche <strong>Integration</strong> geschaffen werden,<br />

gilt es, eine flankierende politische <strong>Integration</strong> zu verhin<strong>der</strong>n. Das neoliberale<br />

Projekt wehrt sich gegen demokratisch legitimierte Institutionen in <strong>der</strong> EU, die<br />

in <strong>der</strong> Lage sind, den Binnenmarkt zu regulieren. Stattdessen soll <strong>der</strong> Wettbewerb<br />

zwischen den Mitgliedstaaten diese dazu zwingen, ein Regulierungsklima<br />

zu schaffen, das für mobile Produktionsfaktoren attraktiv ist. Im Unterschied<br />

dazu schlägt das Projekt des regulierten Kapitalismus eine Vielzahl marktför<strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />

und marktergänzen<strong>der</strong> Maßnahmen vor, die eine soziale und demokratische Dimension<br />

<strong>europäischen</strong> Regierens ermöglichen sollen. <strong>Die</strong>ses Projekt möchte die<br />

<strong>Integration</strong> vertiefen, damit die Europäische Union die Fähigkeit zur politischen<br />

Regulierung <strong>der</strong> Märkte entwickelt. Um dies zu erreichen, soll unter an<strong>der</strong>em<br />

das Europäische Parlament aufgewertet, die Mobilisierung von Interessengruppen<br />

geför<strong>der</strong>t, institutionelle Reformen angestoßen und die Gesetzgebung vereinfacht<br />

werden (zum Beispiel, indem qualifizierte Mehrheitsentscheidungen im<br />

Ministerrat ausgeweitet werden).

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