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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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n e g a t i V e u n d p o S i t i V e in t e g r a t i o n 81<br />

als dies in den fortschrittlichsten Mitgliedstaaten möglich wäre. Am wahrscheinlichsten<br />

ist das für produktbezogene Sicherheits- und Umweltnormen, weil hier<br />

gemeinsame europäische Standards notwendig sind, um die wirtschaftlichen<br />

Vorteile des größeren <strong>europäischen</strong> Marktes zu realisieren. Ähnliche Bedingungen<br />

herrschen aber auch in einigen an<strong>der</strong>en Politikbereichen (Eichener 1997;<br />

Joerges/Neyer 1997; Pollack 1997b; Scharpf 1997; Vogel 1997).<br />

Hingegen ist die europäische Handlungsfähigkeit bei Maßnahmen <strong>der</strong> positiven<br />

<strong>Integration</strong> in jenen Bereichen systematisch beschränkt, in denen nationale<br />

Interessen divergieren und in denen – da legitimierende Mehrheitsentscheidungen<br />

nicht möglich sind – opponierende Län<strong>der</strong> nicht einfach überstimmt werden<br />

können. <strong>Die</strong>ses Ergebnis erscheint beson<strong>der</strong>s wahrscheinlich bei marktkorrigierenden<br />

Regelungen, welche die Produktionskosten ohne einen direkten<br />

Nutzen für einzelne Verbraucher heraufsetzen o<strong>der</strong> die Rendite nach Steuern<br />

für Kapitalinvestitionen verringern würden – so etwa bei produktions- und<br />

standortbezogenen Regelungen im Umweltschutz, bei Regelungen im Bereich<br />

<strong>der</strong> Sozialpolitik und <strong>der</strong> kollektiven Arbeitsbeziehungen sowie bei steuerrechtlichen<br />

Vorschriften mit redistributiver Zielsetzung. In diesen Fel<strong>der</strong>n können<br />

Interessenkonflikte zwischen reichen und ärmeren Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zwischen Län<strong>der</strong>n<br />

mit stark unterschiedlichen Strukturen den Konsens über gemeinsame europäische<br />

Regelungen erschweren o<strong>der</strong> vereiteln.<br />

<strong>Die</strong>s ist auch nicht nur eine Frage <strong>der</strong> Abstimmungsregeln. Marktkorrigierende<br />

Normen können ihre Wirkung nur im Zusammenhang einer komplexen<br />

Konfiguration von Regeln und tatsächlicher Praxis erreichen, die zugleich allokative<br />

Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit sichern und die nicht ökonomischen<br />

Werte einer Gesellschaft schützen müssen. Wie die anwachsende Literatur zu den<br />

»Spielarten des Kapitalismus« zeigt (Albert 1993; Berger/Dore 1996; Crouch/<br />

Streeck 1997; Hollingsworth/Boyer 1997), unterscheiden sich die hochentwickelten<br />

westlichen <strong>Ökonomie</strong>n deshalb auch nicht nur in <strong>der</strong> geringeren o<strong>der</strong><br />

größeren Intensität, mit <strong>der</strong> die kapitalistische Wirtschaft in gesellschaftliche Institutionen<br />

eingebunden (das heißt durch sie beschränkt und unterstützt) wird,<br />

son<strong>der</strong>n auch in den charakteristischen Modalitäten dieser institutionellen Einbindung<br />

(Streeck 1998). Mit an<strong>der</strong>en Worten: Es existiert we<strong>der</strong> ein einheitlicher<br />

Typ eines »nicht angloamerikanischen Kapitalismus« noch ein einheitliches »<strong>europäischen</strong><br />

Sozialmodell«, das für die Europäische Gemeinschaft vorgeschrieben<br />

werden könnte, wenn nur im Ministerrat die nötigen Mehrheiten zustande<br />

kämen. Stattdessen gibt es unterschiedliche, historisch bedingte und komplexe<br />

nationale Lösungen, die tief in den Institutionen, Werten und etablierten Verfahrensweisen<br />

bestimmter Gesellschaften verwurzelt sind. Gewiss entwickeln<br />

und wandeln sie sich ständig, aber wenn die Weiterentwicklung von <strong>der</strong> bloßen<br />

Demontage unterschieden werden soll, dann müssen sich die Ergebnisse

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