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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d i e gr e n z e n d e r e u r o p ä i S c H e n ar b e i t S M a r k t i n t e g r a t i o n 301<br />

Überdies schränken die Kriterien zur Neuverschuldung und zum Schuldenstand<br />

die Spielräume <strong>der</strong> Staaten bei <strong>der</strong> Gestaltung ihrer Finanzpolitik und ihrer öffentlichen<br />

Investitionen weiter ein.<br />

<strong>Die</strong> EWU übt nicht nur Druck auf ihre <strong>der</strong>zeitigen Mitglie<strong>der</strong> aus, son<strong>der</strong>n<br />

in ähnlicher Weise auch auf ihre künftigen Mitglie<strong>der</strong>, die NMS. Bereits im Vorfeld<br />

des EWU-Beitritts müssen sich diese de facto wie Vollmitglie<strong>der</strong> verhalten<br />

und dieselben Einschränkungen akzeptieren. Am schwersten wiegt jedoch <strong>der</strong><br />

von den Maastricht-Kriterien ausgehende Druck auf die NMS hinsichtlich ihrer<br />

öffentlichen Ausgaben im Allgemeinen und ihrer Sozialausgaben im Beson<strong>der</strong>en<br />

(Rhodes/Keune 2006). Somit sind sinkende Sozialausgaben und eine daraus<br />

resultierende Zunahme von Armut und Ungleichheit einige <strong>der</strong> möglichen<br />

Effekte des EWU-Beitritts und seiner Vorbereitung. <strong>Die</strong>s betrifft insbeson<strong>der</strong>e<br />

jene neuen Mitglie<strong>der</strong>, die unter <strong>der</strong> Kombination aus hoher öffentlicher Neuverschuldung<br />

beziehungsweise hohem Schuldenstand mit hohen sozialen Risiken<br />

leiden, nämlich Polen, die Slowakei und Ungarn. Es verwun<strong>der</strong>t nicht, dass<br />

diese Län<strong>der</strong> kürzlich ihren EWU-Beitritt aufgeschoben haben. Grund hierfür<br />

ist die Opposition bestimmter Bevölkerungsgruppen zu den Sparprogrammen,<br />

die erfor<strong>der</strong>lich sind, um die EWU-Kriterien erfüllen zu können.<br />

In den Neunzigerjahren bestand ein Nebeneffekt <strong>der</strong> Vorbereitung auf die<br />

EWU darin, dass in vielen künftigen Mitgliedstaaten Soziale Pakte geschlossen<br />

wurden, um eine Einhaltung <strong>der</strong> Beitrittskriterien sicherzustellen (Fajertag/<br />

Pochet 2000; Hassel 2006). Regierungen benötigten oft die Kooperation von<br />

Gewerkschaften und Arbeitgebern, um Lohnzurückhaltung zu erreichen. Soziale<br />

Pakte sind ein Instrument, mit dem diese Kooperation formalisiert werden<br />

konnte. 16 Speziell in einem Land wie Italien, das bei <strong>der</strong> Vorbereitung auf die<br />

Währungsunion enorme Schwierigkeiten hatte, trug <strong>der</strong> Soziale Pakt aus dem<br />

Jahr 1993 entscheidend dazu bei, den Beitritt zur Währungsunion sicherzustellen.<br />

Nach dem Beitritt zur EWU scheint die Bedeutung von Sozialen Pakten<br />

etwas zurückgegangen zu sein. <strong>Die</strong>s liegt nicht zuletzt daran, dass das Argument<br />

<strong>der</strong> Lohnzurückhaltung, das sowohl aus dem Regimewettbewerb als auch aus<br />

dem Aufbau <strong>der</strong> EWU resultiert, von Gewerkschaften und Arbeitnehmern verinnerlicht<br />

worden ist, was seine Formalisierung in einem Pakt weniger notwendig<br />

macht (Hancké/Rhodes 2005; Hassel 2006; En<strong>der</strong>lein in diesem Band). In<br />

den NMS sind Soziale Pakte als Instrument zur Vorbereitung des EWU-Beitritts<br />

nicht o<strong>der</strong> noch nicht verbreitet. Ausnahme hierbei ist Slowenien, <strong>der</strong> einzige<br />

NMS, <strong>der</strong> bereits Mitglied <strong>der</strong> EWU ist. Im korporatistisch geprägten Slowenien<br />

16 In einigen Län<strong>der</strong>n war Lohnzurückhaltung bereits stark institutionalisiert, insbeson<strong>der</strong>e in den<br />

Nie<strong>der</strong>landen nach dem Abkommen von Wassenaar (1982) und in Dänemark.

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