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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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284 M a a r t e n ke u n e<br />

schen Verträge (1957) nicht nur die Sozialpolitik, son<strong>der</strong>n auch die Regulierung<br />

des Arbeitsmarktes im Wesentlichen den Mitgliedstaaten. Darüber hinaus wurde<br />

die Verabschiedung von Sozialrichtlinien durch den Zwang zur Einstimmigkeit<br />

erschwert. Jene gemeinschaftlichen Kompetenzen, die in <strong>der</strong> Sozialpolitik bestanden,<br />

zielten darauf ab, den Aufbau des Gemeinsamen Marktes zu erleichtern.<br />

Sie beschränkten sich daher weitgehend auf die Freizügigkeit sowie die<br />

Gleichbehandlung und gleiche Bezahlung von Arbeitnehmern. So waren die<br />

ersten vier Sozialrichtlinien <strong>der</strong> Freizügigkeit von Arbeitnehmern gewidmet. 2<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit hat sich dieses Bild jedoch erheblich verän<strong>der</strong>t (Falkner et al.<br />

2005; Goetschy 2006). <strong>Die</strong> sozialpolitischen Kompetenzen <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

sind schrittweise erweitert worden. Entscheidungen des Ministerrates sowie die<br />

kreative und umfassende Auslegung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch<br />

den EuGH in den Siebzigerjahren weitete die Gemeinschaftskompetenzen auf<br />

an<strong>der</strong>e Gebiete aus, insbeson<strong>der</strong>e auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit<br />

am Arbeitsplatz, die ursprünglich nicht in den Römischen Verträgen enthalten<br />

waren. Gleichwohl war die europäische Sozial- und Arbeitsmarktpolitik stets eng<br />

mit den Anfor<strong>der</strong>ungen des Gemeinsamen Marktes verbunden. Durch die proaktive<br />

Rolle <strong>der</strong> Kommission im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Einheitlichen Europäischen<br />

Akte (EEA) wurden die Kompetenzen <strong>der</strong> EG – wie<strong>der</strong>um hauptsächlich<br />

in den Bereichen Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit – 1986 nochmals erweitert<br />

und zum Gegenstand qualifizierter Mehrheitsentscheidungen gemacht.<br />

Darüber hinaus wurde die Legitimität <strong>der</strong> Richtlinien erhöht, indem die Sozialpartner<br />

eng in <strong>der</strong>en Ausgestaltung eingebunden wurden. Gesundheitsschutz<br />

und Arbeitssicherheit wurden so zu den wichtigsten sozialpolitischen Kompetenzfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Gemeinschaft. Zwischen 1978 und 2006 sind in diesem Bereich<br />

nicht weniger als 38 Richtlinien verabschiedet worden.<br />

Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur sozialen <strong>Integration</strong> war 1992<br />

<strong>der</strong> Vertrag von Maastricht, eine <strong>der</strong> wichtigsten Errungenschaften <strong>der</strong> Delors-<br />

Kommission. In <strong>der</strong> vorangegangenen Periode waren Sozialvorschriften vor allem<br />

als Mittel zum Aufbau des Gemeinsamen Marktes angesehen worden: Sie<br />

sollten grenzüberschreitende Mobilität för<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />

schaffen. Delors hingegen befürwortete den regulierten Kapitalismus<br />

und genoss dabei die Unterstützung <strong>der</strong> sozialdemokratischen Parteien, einiger<br />

christdemokratischer Politiker – unter denen <strong>der</strong> deutsche Bundeskanzler Helmut<br />

Kohl <strong>der</strong> wichtigste war – sowie <strong>der</strong> meisten Gewerkschaften (Hooghe/<br />

Marks in diesem Band). Delors vertrat die Ansicht, dass das geeinte Europa eine<br />

stärkere soziale Dimension benötige, um die Akzeptanz <strong>der</strong> Wirtschaftsintegration<br />

in <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> Öffentlichkeit sicherzustellen und ihre nachteiligen<br />

2 Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 73/360/EWG und 75/34/EWG.

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