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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d e r e g u l i e r t e St e u e r p o l i t i k 327<br />

Mitgliedstaaten »schädliche« Anreizmaßnahmen betrieben. Bis auf Schweden<br />

war je<strong>der</strong> mit wenigstens einem Eintrag im Primarolo-Bericht vertreten. <strong>Die</strong><br />

schroffe Frontstellung zwischen Hoch- und Niedrigsteuerlän<strong>der</strong>n, zwischen<br />

angeblichen Tätern und angeblichen Opfern, die die sporadischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

um einen gemeinsamen Mindeststeuersatz kennzeichnen, konnte<br />

dadurch vermieden werden. Alle Mitgliedstaaten erschienen als Opfer und Täter<br />

zugleich. 5 Zweitens unterliegen selektive Steueranreize <strong>der</strong> Beihilfenaufsicht<br />

<strong>der</strong> Kommission. <strong>Die</strong>se Aufsicht war in <strong>der</strong> Vergangenheit zwar recht lax gehandhabt<br />

worden. Zeitgleich mit <strong>der</strong> Verabschiedung des Verfahrenskodex kündigte<br />

die Kommission aber eine Verschärfung ihrer Aufsichtspraxis an. Wenn<br />

die Mitgliedstaaten ihre Son<strong>der</strong>steuerregime nicht selbst beseitigten, mussten<br />

sie deshalb damit rechnen, dass die Kommission dies für sie erledigen würde.<br />

<strong>Die</strong> Verhandlungen fanden »im Schatten« des Wettbewerbsrechts statt. Drittens<br />

stellte <strong>der</strong> Verfahrenskodex den Steuerwettbewerb nicht grundsätzlich infrage,<br />

son<strong>der</strong>n beschränkte lediglich das Spektrum <strong>der</strong> Wettbewerbsinstrumente. <strong>Die</strong><br />

Mitgliedstaaten durften nicht mehr mit Son<strong>der</strong>steuerregimen um Direktinvestitionen<br />

und mobile Unternehmensgewinne werben, durch niedrige allgemeine<br />

Körperschaftsteuertarife aber nach wie vor. <strong>Die</strong>s machte den Kodex auch für<br />

die prinzipiellen Befürworter des Steuerwettbewerbs akzeptabel.<br />

Fazit: Der Ministerrat hat bisher nichts unternommen, um den Unternehmenssteuerwettbewerb<br />

in Europa zu bremsen. Er hat lediglich den Gebrauch<br />

selektiver Steueranreize zu Wettbewerbszwecken eingeschränkt und dadurch<br />

den Wettbewerbsdruck auf die allgemeinen Sätze erhöht. Irland etwa schaffte<br />

seinen Son<strong>der</strong>steuersatz von nur 10 Prozent für produzierende Gewerbe und<br />

Finanzdienstleistungen in den Dublin Docks ab, senkte gleichzeitig aber den<br />

allgemeinen Körperschaftsteuersatz auf nur noch 12,5 Prozent. Für Hochsteuerlän<strong>der</strong><br />

hat dies durchaus zweischneidige Folgen. Einerseits brauchen sie nicht<br />

mehr zu befürchten, vom irischen Son<strong>der</strong>steuerregime ausgebeutet zu werden.<br />

An<strong>der</strong>erseits können sie sich aber gegen die neuen, allgemein niedrigen irischen<br />

Unternehmenssteuern auch nicht mehr durch eigene Son<strong>der</strong>steuerregime wehren,<br />

die auf selektiver Basis die Steuerbedingungen anbieten, welche Irland und<br />

an<strong>der</strong>e Niedrigunternehmenssteuerlän<strong>der</strong> auf allgemeiner Basis gewähren. Gerade<br />

kleine Hochsteuerlän<strong>der</strong> wie die Benelux-Staaten, die in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

sehr stark auf Son<strong>der</strong>steuerregime gesetzt haben, könnten davon beson<strong>der</strong>s<br />

betroffen sein. Der Verhaltenskodex verschärft also womöglich noch die indirekten<br />

Beschränkungen, die <strong>der</strong> Steuerwettbewerb <strong>der</strong> nationalen Einkommensteuerpolitik<br />

auferlegt.<br />

5 Angeblich wurden einige Steuermaßnahmen nur deshalb in den Primarolo-Bericht aufgenommen,<br />

um diese optische Symmetrie zu erreichen.

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