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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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184 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

Investitionen einzubüßen (Streeck 1996). Allerdings mündet die variable Geometrie<br />

nicht zwangsläufig in einem Unterbietungswettbewerb und in niedrigen<br />

Sozialstandards, niedrigen Steuern und <strong>der</strong>egulierten <strong>Ökonomie</strong>n. Wo die Anpassung<br />

<strong>der</strong> Regulierung zu mehr wirtschaftlicher Effizienz führt, erhöht die<br />

variable Geometrie den Spielraum für Innovationen in <strong>der</strong> Regulierung (Scharpf<br />

1996b).<br />

Regierungen können, trotz des Wi<strong>der</strong>stands von Nationalisten und Neoliberalen,<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Integration</strong> in Teilbereichen voranschreiten, wie es beispielsweise<br />

in <strong>der</strong> Sozialpolitik und bei <strong>der</strong> Währungsunion geschehen ist. <strong>Die</strong> übrigen<br />

Mitgliedstaaten konnten sich beispielsweise auf die Richtlinie über Europäische<br />

Betriebsräte einigen, weil John Major mit dem Maastrichter Vertrag durchgesetzt<br />

hatte, dass die Bestimmungen des Sozialprotokolls nicht für das Vereinigte<br />

Königreich gelten würden. <strong>Die</strong> Zustimmung Großbritanniens zur Betriebsräte-<br />

Richtlinie, die bestimmten Unternehmen die Pflicht auferlegte, Arbeitnehmer<br />

bei Massenentlassungen, neuen Arbeitstechniken und <strong>der</strong> Einführung neuer<br />

Technologien zu konsultieren, war somit nicht notwendig (Leibfried/Pierson<br />

1995; Rhodes 1993). Obwohl die Regierung Major die Richtlinie ablehnte, haben<br />

sich dennoch die meisten britischen multinationalen Unternehmen inzwischen<br />

entschieden, auch in britischen Betrieben Konsultationsgremien einzurichten,<br />

damit in allen Unternehmensteilen einheitliche Regeln gelten (Leibfried/Pierson<br />

1996). <strong>Die</strong> 1997 neu ins Amt gekommene Labour-Regierung unterschrieb das<br />

Sozialprotokoll, das anschließend in den Amsterdamer Vertrag aufgenommen<br />

wurde.<br />

Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen<br />

Noch bedeutsamer als die gerade genannten Grenzen <strong>der</strong> Einstimmigkeitsregel<br />

ist, dass sie in immer mehr Bereichen durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen<br />

im Ministerrat abgelöst wird. Wie bereits angemerkt, wurden qualifizierte<br />

Mehrheitsentscheidungen ursprünglich eingeführt, um die Herstellung des<br />

Binnenmarktes zu erleichtern. Anschließend wurden sie jedoch auf Bereiche<br />

ausgedehnt, die nur indirekt mit dem Markt zu tun haben, wie etwa Umwelt-<br />

und Sozialpolitik. <strong>Die</strong>s ermöglicht es <strong>der</strong> Pro-Regulierungs-Koalition, Unterbietungswettläufe<br />

mit immer niedrigeren Standards zu verhin<strong>der</strong>n. Nicht jede<br />

Regulierung benötigt zudem die Unterstützung einer Mehrebenenkoalition aus<br />

nationalen Regierungen und supranationalen Akteuren, einige können auch von<br />

nationalen Regierungen im Alleingang durchgesetzt werden. Artikel 36 <strong>der</strong> Römischen<br />

Verträge (heute Art. 30) gestattet es, hohe Produktstandards beizubehalten,<br />

selbst wenn diese den Handel behin<strong>der</strong>n, solange sie <strong>der</strong> Sicherheit, dem<br />

Gesundheits-, Konsumenten- o<strong>der</strong> Umweltschutz dienen. <strong>Die</strong>se Regel erlaubt

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