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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d i e en t S t e H u n g e i n e S p o l i t i S c H e n ge M e i n w e S e n S 171<br />

konnte, die den Markt korrigierten (Pierson 1996). Durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen<br />

im Ministerrat konnten nationale Blockaden umgangen<br />

werden, und es verbesserte sich die Aussicht, auch bei <strong>der</strong> positiven <strong>Integration</strong><br />

Fortschritte zu erzielen (Pollack 1995).<br />

Antworten <strong>der</strong> Akteure<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung, einen einheitlichen Markt herzustellen und Entscheidungskompetenzen<br />

auf die EU zu übertragen, wurde ursprünglich damit begründet,<br />

dass es Interessengruppen – o<strong>der</strong>, in Mancur Olsons Begrifflichkeit »Verteilungskoalitionen«<br />

– damit unmöglich würde, sich ökonomische Renten zu sichern,<br />

indem sie nicht tarifäre Handelshemmnisse für ihr Land durchsetzten (Olson<br />

1982). Für einige Regierungen schien die Aussicht verlockend, Entscheidungen<br />

auf die europäische Ebene zu verlagern, wo sie dem Zugriff innenpolitisch verankerter<br />

Interessengruppen – Gewerkschaften und sozialen Interessen – entzogen<br />

sein würden. Allerdings unterschätzte diese Erwartung die dynamischen und<br />

unintendierten Folgen institutioneller Reformen. Im Gegensatz zur früheren<br />

wirtschaftlichen <strong>Integration</strong>, die vor allem die Landwirtschaft, die Nahrungsmittel-<br />

sowie die Kohle- und Stahlindustrie betraf, waren vom Binnenmarktprogramm<br />

eine Vielzahl öffentlicher und privater Akteure in einer Reihe von<br />

Wirtschaftssektoren betroffen. In den Jahren nach <strong>der</strong> EEA entstanden schnell<br />

und in großer Anzahl Interessengruppen, die direkt auf europäischer Ebene<br />

tätig waren. Einigen Schätzungen zufolge gab es 1990 etwa 3.000 Interessengruppen<br />

in <strong>der</strong> EU, während es 1986 nur etwa 600 gewesen waren (An<strong>der</strong>sen/<br />

Eli assen 1993). Studien, die sich mit einzelnen Industriezweigen wie <strong>der</strong> Chemieindustrie<br />

befassten, liefern ein zwar differenzierteres, aber in <strong>der</strong> Tendenz<br />

übereinstimmendes Bild (Grant 1993). Neben funktional geglie<strong>der</strong>ten und öffentlichen<br />

Interessen waren auch subnationale Regierungen Teil <strong>der</strong> Interessengruppenmobilisierung<br />

auf europäischer Ebene (Jeffrey 1996). Eine Analyse <strong>der</strong><br />

EU-Dokumente zeigt einen deutlichen Anstieg <strong>der</strong> in Brüssel vertretenen Städte,<br />

Kommunen und Regionen: 1985 war dies lediglich eine, 1988 waren es schon<br />

15, 1993 54, 1994 70 und 1996 schließlich 100 (Marks et al. 1996).<br />

Seit die Bedeutung <strong>der</strong> EU-Politik für gesellschaftliche Interessen gestiegen<br />

ist und sich die Einflussmöglichkeiten verbessert haben, zieht die EU auch<br />

solche Interessengruppen an, die bisher ausschließlich in den Mitgliedstaaten<br />

aktiv waren. Gleichzeitig definieren einige dieser Gruppen ihre Ziele neu. Beispielsweise<br />

haben viele Gewerkschaften ihren Wi<strong>der</strong>stand gegen eine EU-Regulierung<br />

<strong>der</strong> industriellen Beziehungen und des Gesellschaftsrechts aufgegeben,<br />

weil sie angesichts eines wachsenden Regimewettbewerbs erkennen mussten,<br />

dass nationale Regierungen immer weniger in <strong>der</strong> Lage waren, arbeitsrechtliche

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