07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

326 S t e f f e n ga n g H o f u n d pH i l i p p ge n S c H e l<br />

nisterrat trotzdem keine Harmonisierungsmaßnahmen ergriff, um diesen Wettbewerb<br />

einzuschränken, lag jetzt darin, dass nicht alle nationalen Regierungen<br />

den Steuerwettbewerb gleichermaßen als Problem begriffen. Im Gegenteil, die<br />

Regierungen relativ kleiner, peripherer und armer Mitgliedstaaten wie Irland in<br />

den Achtziger- und Neunzigerjahren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ost<strong>europäischen</strong> Beitrittslän<strong>der</strong>n<br />

in den 2000er-Jahren sahen im Steuerwettbewerb oft eine Chance, die nachholende<br />

Entwicklung ihrer Volkswirtschaften zu beschleunigen. Sie unterboten die<br />

Körperschaftsteuersätze <strong>der</strong> großen, reichen Mitgliedstaaten, um Direktinvestitionen<br />

und mobile Unternehmensgewinne anzulocken, die nicht nur zusätzliche<br />

Steuereinnahmen, son<strong>der</strong>n auch Know-how und gut bezahlte Arbeitsplätze ins<br />

Land bringen würden. An einer Einschränkung des Steuerwettbewerbs zeigten<br />

sich diese Regierungen deshalb nicht interessiert. Vorschlägen für einen Mindeststeuersatz<br />

verschließen sie sich bisher kategorisch. Und auch bei den (Vor-)<br />

Verhandlungen über eine gemeinsame harmonisierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage<br />

leisten sie hinhaltenden Wi<strong>der</strong>stand. Trotz gegenteiliger Beteuerungen<br />

<strong>der</strong> Kommission ist <strong>der</strong> Verdacht auch tatsächlich nicht vollkommen<br />

von <strong>der</strong> Hand zu weisen, dass die Harmonisierung <strong>der</strong> Bemessungsgrundlage<br />

nur <strong>der</strong> Auftakt zur Harmonisierung <strong>der</strong> Sätze sein könnte (Graetz/Warren<br />

2006: 1229).<br />

Auch wenn die Harmonisierungsoption, bisher, am Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Steuerwettbewerbsgewinner<br />

gescheitert ist, blieb <strong>der</strong> Ministerrat in puncto Regulierung<br />

des Unternehmenssteuerwettbewerbs nicht vollkommen untätig. Denn schon<br />

1997 einigten sich die Ratsmitglie<strong>der</strong> auf einen freiwilligen Verhaltenskodex<br />

für die Unternehmensbesteuerung mit dem Ziel, den »schädlichen Steuerwettbewerb«<br />

durch selektive Steueranreize und präferenzielle Steuerregime einzuschränken<br />

(Europäische Gemeinschaft 1998). Eine Gruppe hochrangiger Ministerialbeamter<br />

wurde beauftragt, die bestehenden unternehmenssteuerlichen<br />

Anreizmaßnahmen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten zu sichten (»Primarolo-Gruppe«). Im<br />

November 1999 legte sie eine Liste von 66 als schädlich eingestuften Steueranreizen<br />

in den Mitgliedslän<strong>der</strong>n und <strong>der</strong>en abhängigen Territorien 4 vor (»Primarolo-Bericht«).<br />

Im Vorfeld <strong>der</strong> Osterweiterung wurden im Herbst 2003 weitere<br />

30 steuerliche Maßnahmen in den Beitrittslän<strong>der</strong>n als schädlich eingestuft. <strong>Die</strong>se<br />

insgesamt 96 schädlichen Son<strong>der</strong>steuerregime sind inzwischen weitgehend<br />

abgebaut o<strong>der</strong> doch zumindest durch neue, formal mit den Regeln des Steuerkodex<br />

vereinbare Regime umgangen worden.<br />

<strong>Die</strong> Einigung auf einen Abbau »schädlicher« Steueranreize fiel aus mindestens<br />

drei Gründen leichter als die allgemeine Harmonisierung <strong>der</strong> Körperschaftsteuer.<br />

Erstens war die Konfliktkonstellation symmetrischer, weil fast alle<br />

4 Britische Kanalinseln, Nie<strong>der</strong>ländische Antillen etc.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!