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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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142 M a r t i n Hö p n e r u n d ar M i n Sc H ä f e r<br />

politische Liberalisierungsprojekte mit juristischen Mitteln durchzusetzen, beschäftigt<br />

sich Fallstudie 3.<br />

4.2 <strong>Die</strong> Übernahmerichtlinie<br />

<strong>Die</strong> Vorgänge um die Übernahmerichtlinie verdeutlichen, dass die Kommission<br />

den ihr als »Herrin über die Spielregeln« zur Verfügung stehenden Handlungsspielraum<br />

strategisch nutzt. Im konkreten Fall wollte die Kommission Mehrheiten<br />

für ihre Liberalisierungspolitik organisieren, indem sie versuchte, einzelne<br />

Mitgliedstaaten aus <strong>der</strong> Oppositionsfront herauszulösen. Um das zu erreichen,<br />

formulierte sie Vorschläge, die die Mitgliedstaaten asymmetrisch trafen und gerade<br />

nicht auf die Durchsetzung eines level playing field – eines Wettbewerbs unter<br />

Gleichen – zielten. <strong>Die</strong>ses Vorgehen ähnelt dem, was Schmidt (1998: 325–329;<br />

2000: 46–50; vgl. auch Schmidt in diesem Band) als »Teile-und-herrsche-Strategie«<br />

<strong>der</strong> Kommission bezeichnet. 8 <strong>Die</strong> Fallstudie untermauert, dass die Kommission<br />

politischer Akteur und nicht neutrale Vermittlungsinstanz ist, die die<br />

Kompromissbildung erleichtert.<br />

Aus politökonomischer Perspektive zählen Übernahmeregeln zu den prägenden<br />

Merkmalen von Produktions- und Verteilungsregimen. In liberalen Marktökonomien<br />

zielt die Übernahmeregulierung auf die Aktivierung eines Marktes<br />

für Unternehmenskontrolle ab. <strong>Die</strong>ser soll sicherstellen, dass Manager die Unternehmen<br />

tatsächlich im Sinne <strong>der</strong> Aktionäre führen (sharehol<strong>der</strong> primacy). Im<br />

Unterschied dazu verfügen organisierte <strong>Ökonomie</strong>n über Stakehol<strong>der</strong>-orientierte<br />

Regeln <strong>der</strong> Unternehmenskontrolle. <strong>Die</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Manager erfolgt nicht<br />

über Märkte für Unternehmenskontrolle, son<strong>der</strong>n über Unternehmensnetzwerke,<br />

Kreditgeber, Insi<strong>der</strong> und Großaktionäre. Feindliche Übernahmen sind<br />

somit ein Fremdkörper in organisierten <strong>Ökonomie</strong>n und gelten als potenzielle<br />

Einfallstore des marktliberalen Kapitalismus (Höpner/Jackson 2006).<br />

<strong>Die</strong> <strong>europäischen</strong> Verträge betrauen die Europäische Kommission explizit<br />

mit <strong>der</strong> Aufgabe, den freien Kapitalfluss in Europa sicherzustellen. Der erste<br />

Absatz von Artikel 56 des Vertrags über die Europäische Union besagt, dass<br />

»alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie<br />

zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Län<strong>der</strong>n verboten« sind. Investoren<br />

sollen ihre Investitionsobjekte frei in den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

wählen können und dürfen gegenüber inländischen Investoren nicht schlechter<br />

gestellt werden. Aus diesem in den Verträgen festgelegten Diskriminierungs-<br />

8 Schmidt verwendet den Ausdruck zur Kennzeichnung des gezielten Einsatzes von Vertragsverletzungsverfahren<br />

in <strong>der</strong> Wettbewerbspolitik, <strong>der</strong> darauf abzielt, die Präferenzen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten<br />

zu Liberalisierungsmaßnahmen <strong>der</strong> Kommission zu verän<strong>der</strong>n.

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