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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e i n e n e u e pH a S e d e r e u r o p ä i S c H e n in t e g r a t i o n 141<br />

Positionierungen entlang <strong>der</strong> Links-Rechts-Achse <strong>der</strong> Parteiensysteme und einer<br />

Konstellation entsprechend einem clash of capitalism. Obwohl <strong>der</strong> Vorschlag<br />

auf einem Kompromiss zwischen <strong>der</strong> sozialistischen und <strong>der</strong> bürgerlich-konservativen<br />

Fraktion des Europäischen Parlaments beruht hatte, befürworteten<br />

Teile <strong>der</strong> Mitte-Rechts-Fraktionen aus Großbritannien, Spanien, Polen, Ungarn<br />

und <strong>der</strong> Tschechischen Republik eine stärkere Liberalisierung – wenn auch nicht<br />

notwendig in dem Ausmaß, in dem es <strong>der</strong> ursprüngliche Kommissionsvorschlag<br />

vorgesehen hatte –, und stimmten gegen den Richtlinienvorschlag.<br />

Erst dann kündigte die Kommission an, ihren ursprünglichen Vorschlag zurückzuziehen.<br />

In einem Schreiben an die Kommission protestierten die sechs<br />

oben genannten Län<strong>der</strong> gegen die Verwässerung <strong>der</strong> Richtlinie in <strong>der</strong> vom Parlament<br />

diskutierten Fassung. Im April 2006 präsentierte die Kommission einen<br />

neuen Vorschlag, <strong>der</strong> die vom Europäischen Parlament verlangten Än<strong>der</strong>ungen<br />

enthielt. Im Ministerrat reichte <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen die Kompromissfassung<br />

für eine Sperrminorität nicht aus (worauf – aber das ist Spekulation – die Kommission<br />

gehofft haben dürfte). Im Mai 2006 stimmten die Wirtschaftsminister<br />

einem am neuen Kommissionsvorschlag orientierten »Gemeinsamen Standpunkt«<br />

zu. <strong>Die</strong>ser wurde vom Europäischen Parlament im November 2006 mit<br />

wenigen Än<strong>der</strong>ungen angenommen, <strong>der</strong> Rat billigte die Än<strong>der</strong>ungen im Dezember<br />

2006. Eine Konsequenz <strong>der</strong> Richtlinie ist, dass die Mitgliedstaaten im<br />

Zuge <strong>der</strong> Umsetzung Berichte vorlegen müssen, aus denen hervorgeht, welche<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen sie gegenüber ausländischen <strong>Die</strong>nstleistern aus Gründen <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Sicherheit, <strong>der</strong> Ordnung und des Gesundheits- und Unweltschutzes<br />

aufrechterhalten wollen, und in denen zu begründen ist, warum diese Auflagen<br />

gerechtfertigt erscheinen.<br />

Bemerkenswert ist, dass <strong>der</strong> politisch herbeigeführte Kompromiss schon<br />

kurz danach durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs infrage gestellt<br />

wurde, und zwar durch das Urteil im Fall Laval vom Dezember 2007 (C-341/05;<br />

vgl. die Einleitung in diesen Band). Der vereinbarte Kompromiss hatte das Arbeits-<br />

und Arbeitskampfrecht ausdrücklich vom Wirkungsbereich <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

ausgenommen. Im Laval-Urteil entschied <strong>der</strong> EuGH, dass<br />

Arbeitskampfmaßnahmen, die das gleiche Entgelt für entsandte und heimische<br />

Arbeitnehmer erzwingen wollen, ein Hin<strong>der</strong>nis für den freien <strong>Die</strong>nstleistungsverkehr<br />

seien. Sie seien nur zu rechtfertigen, wenn in dem Mitgliedstaat rechtlich<br />

o<strong>der</strong> tariflich vorgesehene Mindeststandards auf dem Spiel stünden. Damit<br />

wurde das Herkunftslandprinzip in Fragen des kollektiven Arbeitsrechts durch<br />

ein EuGH-Urteil durch die Hintertür wie<strong>der</strong> eingeführt. In Schweden rief das<br />

Laval-Urteil Proteste in einer Schärfe hervor, die allenfalls mit den französischen<br />

Protesten gegen die ursprünglich von <strong>der</strong> Kommission vorgeschlagene Fassung<br />

<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie vergleichbar sind. Mit <strong>der</strong> Fähigkeit des EuGH,

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