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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d e r e g u l i e r t e St e u e r p o l i t i k 313<br />

jede negative <strong>Integration</strong>sbewegung zieht eben automatisch eine kompensierende<br />

positive Bewegung nach sich, die die alte Symmetrie zwischen Markt und<br />

Politik, wenn auch womöglich in neuer Form, wie<strong>der</strong>herstellt. In <strong>der</strong> Einkommensbesteuerung<br />

zumindest dominiert – bisher – die Scharpf ’sche Asymmetrie<br />

negativer und positiver <strong>Integration</strong>.<br />

Unsere Argumentation glie<strong>der</strong>t sich in vier Schritte. Wir zeigen, erstens, dass<br />

mit <strong>der</strong> Forcierung <strong>der</strong> Marktintegration im Zuge des Binnenmarktprojektes die<br />

Körperschaftsteuertarife in Europa Ende <strong>der</strong> Achtzigerjahre unter erheblichen<br />

Wettbewerbsdruck geraten. Wenn man nach einem Beispiel für ein »race to the<br />

bottom« im Binnenmarkt sucht, in <strong>der</strong> Unternehmensbesteuerung findet man<br />

es (Abschnitt 2). Wir demonstrieren, zweitens, dass die wettbewerbsbedingte<br />

Absenkung <strong>der</strong> Körperschaftsteuertarife erhebliche Auswirkungen auf die<br />

persönliche Einkommensteuer hat. <strong>Die</strong> Progressivität und Aufkommensstärke<br />

dieser Steuer wird beschränkt – mit einschneidenden Folgen für das Steuersystem<br />

insgesamt und wohlfahrtsstaatliche Marktkorrektur (Abschnitt 3). Drittens<br />

untersuchen wir, warum es nicht zu einer politischen Wie<strong>der</strong>einhegung des<br />

Steuerwettbewerbs auf europäischer Ebene kommt. We<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ministerrat noch<br />

<strong>der</strong> EuGH haben bisher zur Mil<strong>der</strong>ung des Steuerwettbewerbs wesentlich beigetragen.<br />

Warum nicht (Abschnitt 4)? Wir schließen mit einigen grundsätzlichen<br />

Überlegungen zur Entpolitisierung <strong>der</strong> Einkommensbesteuerung im Binnenmarkt<br />

(Abschnitt 5).<br />

2 Marktintegration und Steuerwettbewerb<br />

Seit den Achtzigerjahren haben alle EU-Staaten ihre Körperschaftsteuersätze 1<br />

drastisch gesenkt. Der EU-15-Durchschnitt fiel um fast 20 Prozentpunkte von<br />

rund 48 Prozent im Jahr 1987 auf rund 29 Prozent im Jahr 2007. Der EU-27-<br />

Durchschnitt (2007) liegt sogar noch niedriger, nämlich bei etwa 24 Prozent<br />

(KPMG 2007). Der Sachverhalt ist bekannt. Aber was steckt dahinter? <strong>Die</strong> Sozialwissenschaften<br />

bieten im Wesentlichen zwei Erklärungen an. <strong>Die</strong> eine behauptet,<br />

<strong>der</strong> Steuerwettbewerb sei Schuld am drastischen Rückgang <strong>der</strong> Körperschaftsteuersätze.<br />

<strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e dagegen sieht die Ursache in einem allgemeinen<br />

steuerpolitischen Paradigmenwechsel, <strong>der</strong> sich in den Achtzigerjahren vollzogen<br />

und seitdem verfestigt habe.<br />

1 Körperschaftsteuer einschließlich temporärer Zuschläge wie dem Solidarzuschlag und subnationaler<br />

Steuern auf den Unternehmensgewinn wie <strong>der</strong> Gewerbesteuer.

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