07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

p o l i t i S i e r u n g u n d n a t i o n a l e id e n t i t ä t e n 201<br />

gen Polanyis am Beispiel Großbritanniens im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t entwickelte Argument,<br />

dass Märkte rechtlich und politisch eingebettet sind, auf die Rolle des<br />

EuGHs in <strong>der</strong> Regulierung des Gemeinsamen Marktes.<br />

Schließlich lag unser drittes, vielleicht schwerwiegendstes Versäumnis darin,<br />

dass wir nicht erkannt haben, wie stark nationale Identitäten genutzt werden<br />

können, um Opposition gegen die europäische <strong>Integration</strong> zu schüren. <strong>Die</strong> von<br />

uns beschriebenen <strong>Integration</strong>sprojekte sind politökonomischer Natur. Neoliberalismus<br />

und regulierter Kapitalismus unterscheiden sich hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Frage, welche Rolle <strong>der</strong> Staat im Wirtschaftsprozess spielen soll, wie <strong>der</strong> ökonomische<br />

Mehrwert verteilt werden soll und in <strong>der</strong> Bewertung von wirtschaftlicher<br />

Freiheit und ökonomischer Gleichheit. Beide stimmen in <strong>der</strong> Annahme<br />

überein, dass demokratische Verteilungskonflikte (democratic class struggle) im Rahmen<br />

gegebener Gemeinschaften und innerhalb des Nationalstaates ausgetragen<br />

werden. Politik dreht sich für beide um die klassische Frage, wer was (und wie)<br />

bekommt. Heute müssen wir jedoch erkennen, wie sehr die Entstehung eines<br />

politischen Gemeinwesens in Europa noch grundlegen<strong>der</strong>e Fragen nach den<br />

Grenzen politischer Gemeinschaft, nach <strong>der</strong> Authentizität nationaler Werte und<br />

Traditionen aufwirft, die in eine potenziell gefährlich Gegenüberstellung von<br />

»wir« gegen »sie« münden können. 7<br />

Übersetzt aus dem Englischen von Armin Schäfer<br />

7 In einer früheren Version des Aufsatzes hatten wir einen Abschnitt mit dem Titel »Maastricht<br />

und das nationalistische Projekt« eingefügt. Darin diskutierten wir, wie Nationalismus die Politisierung<br />

intensivierte und die öffentliche Unterstützung für die EU verringerte. In diesem Teil<br />

schrieben wir: »Nationalismus und anti-europäische Einstellungen gehen miteinan<strong>der</strong> einher.<br />

Radikale Strömungen in einigen Mitte-rechts-Parteien, etwa in <strong>der</strong> Konservativen Partei Großbritanniens<br />

o<strong>der</strong> bei den französischen Gaullisten, neue und bestehende rechtsextreme Parteien<br />

in Dänemark, Österreich, Schweden und Italien, wie auch gegen Maastricht gerichtete soziale<br />

Bewegungen in Frankreich und Spanien – sie alle haben die Europafeindlichkeit zu einem<br />

Kernpunkt ihrer Programme gemacht.« <strong>Die</strong>ser Abschnitt fiel schließlich <strong>der</strong> Überarbeitung<br />

zum Opfer, weil wir noch dabei waren, das Verhältnis von nationaler Identität und europäischer<br />

<strong>Integration</strong> zu durchdenken, und weil ein solcher Abschnitt vom politökonomischen Fokus des<br />

Aufsatzes abgelenkt hätte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!