07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

e i n e n e u e pH a S e d e r e u r o p ä i S c H e n in t e g r a t i o n 139<br />

materielle Güter exportiert werden können, sind <strong>Die</strong>nstleistungen in aller Regel<br />

ortsgebunden und können häufig nur gehandelt werden, wenn Angebot und<br />

Nachfrage am selben Ort zusammenkommen. In Artikel 50 des Vertrags über<br />

die Europäische Union 6 verständigten sich die Mitgliedslän<strong>der</strong> darauf, dass Anbieter<br />

von <strong>Die</strong>nstleistungen EU-weit gegenüber Inlän<strong>der</strong>n nicht diskriminiert<br />

werden dürfen. Artikel 50 besagt:<br />

Unbeschadet des Kapitels über die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit kann <strong>der</strong> Leistende zwecks Erbringung<br />

seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die<br />

Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen<br />

Angehörigen vorschreibt. (unsere Hervorhebung)<br />

Das hier festgehaltene Prinzip findet sich in Artikel 16 <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Europäischen<br />

Kommission im Januar 2004 vorgeschlagenen <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

(Kom[2004]0002) nicht mehr. <strong>Die</strong> ersten beiden Absätze dieses Artikels lauten:<br />

(1) <strong>Die</strong> Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass <strong>Die</strong>nstleistungserbringer lediglich den Bestimmungen<br />

ihres Herkunftsmitgliedstaates unterfallen, die vom koordinierten Bereich erfasst sind. …<br />

(2) Der Herkunftsmitgliedstaat ist dafür verantwortlich, den <strong>Die</strong>nstleistungserbringer und die von ihm erbrachten<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen zu kontrollieren, auch wenn er diese in einem an<strong>der</strong>en Mitgliedstaat erbringt.<br />

(unsere Hervorhebung)<br />

Wie es scheint, wurde die Artikel 50 des EU-Vertrags zugrunde liegende Idee<br />

auf dem Weg vom Vertrag zum Richtlinienvorschlag ins Gegenteil verkehrt.<br />

Besagte <strong>der</strong> Wortlaut im Vertrag über die Europäische Union, dass Anbieter<br />

den Regularien des Landes unterliegen sollen, in dem sie ihre <strong>Die</strong>nstleistung<br />

erbringen, versuchte die Kommission, die Mitgliedstaaten auf das sogenannte<br />

Herkunftslandprinzip zu verpflichten (siehe etwa Kowalsky 2004: 237–238). <strong>Die</strong><br />

För<strong>der</strong>ung des <strong>Die</strong>nstleistungsmarktes sollte also durch strikte Begrenzung <strong>der</strong><br />

Kontrolle <strong>der</strong> Mitgliedstaaten über Transaktionen auf eigenen Hoheitsgebieten<br />

erreicht werden. Im Prinzip handelt es sich bei dem Herkunftslandprinzip um<br />

die Übertragung des mit dem Cassis-de-Dijon-Urteil des EuGH durchgesetzten<br />

Prinzips <strong>der</strong> gegenseitigen Anerkennung auf <strong>Die</strong>nstleistungen. Tatsächlich aber<br />

sind die Folgen weitreichen<strong>der</strong>. Dem Vorschlag zufolge wäre Lettland für die<br />

Kontrolle eines lettischen Klempners verantwortlich gewesen, <strong>der</strong> seine <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

– vorübergehend – in Deutschland anbietet. Das Interesse <strong>der</strong> lettischen<br />

Behörden, die kostspielige Aufsicht tatsächlich entsprechend durchzuführen,<br />

wäre aber gering. 7 Hinzu kommt das Problem <strong>der</strong> Briefkastenfirmen, also<br />

6 Alle in diesem Kapitel zitierten Vertragspassagen beziehen sich auf die neue Nummerierung<br />

nach dem Amsterdamer Vertrag von 1997 (unabhängig davon, wann die entsprechenden Regeln<br />

in den Vertrag eingefügt wurden).<br />

7 Wir lassen an dieser Stelle unberücksichtigt, dass <strong>der</strong> EuGH das Herkunftslandprinzip auf den<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsmärkten schon vorher in Teilen durchgesetzt hatte (vgl. die kritische Diskussion

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!