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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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w a n d e l d u r c H d e n eu r o 419<br />

Zuerst zum Antrieb. <strong>Die</strong> größte Gefahr einer konjunkturellen Überhitzung<br />

verbirgt sich hinter »Zweiterunden-Effekten« in <strong>der</strong> Lohnbildung, bei denen<br />

das antizipierte, steigende Inflationsniveau immer schon als Ausgangswert in<br />

die Lohnverhandlungen miteinfließt und in diesem Sinne wie eine sich selbst<br />

erfüllende Prophezeiung wirkt (siehe auch Hall/Franzese in diesem Band). Beträgt<br />

beispielsweise die Inflationserwartung für das folgende Jahr fünf Prozent,<br />

weil die Wirtschaft schneller wächst, als es das Produktionspotenzial erlauben<br />

würde, dann liegt es für die Tarifpartner nahe, die fünf Prozent als Inflationsausgleichswert<br />

von vornherein zur Grundlage <strong>der</strong> Verhandlungen zu machen.<br />

Damit ist eine fünfprozentige Preissteigerungsrate ganz unabhängig von den<br />

Wachstumseffekten aber bereits vorweggenommen und addiert sich zu den zusätzlich<br />

und weiterhin wirkenden Inflationseffekten, die sich ihrerseits aus <strong>der</strong><br />

Differenz zwischen Produktionspotenzial und realer Produktion ergeben.<br />

Um die preistreibenden Effekte einer prozyklischen Lohnpolitik zu reduzieren<br />

(also quasi den Fuß vom Gas zu nehmen), bestünde die Aufgabe einer<br />

antizyklischen Lohnpolitik darin, die im Vergleich zum Produktionspotenzial<br />

inflationäre Überproduktion zu erkennen und in den Lohnverhandlungen zu<br />

diskontieren. Für die Arbeitnehmer ist ein solcher Schritt allerdings schwierig<br />

zu akzeptieren und für die Gewerkschaften schwierig zu vertreten, wird er doch<br />

zunächst wie eine Reallohnsenkung wahrgenommen: Der nominale Anstieg des<br />

Lohnniveaus wird geringer sein als die erwartete Inflation, und dies vor dem Hintergrund<br />

einer boomenden Wirtschaft. Tatsächlich aber muss es zu den befürchteten<br />

Reallohnverlusten nicht unbedingt kommen. Denn die erwartete Inflation<br />

resultiert ja aus dem Aggregat ausgehandelter Nominallohnverän<strong>der</strong>ungen, ist<br />

also eine endogene Größe. Einigen sich die Tarifpartner darauf, die antizipierte<br />

Inflation gar nicht o<strong>der</strong> nur in geringem Umfang in den ausgehandel ten Lohnabschluss<br />

miteinfließen zu lassen, dann sinkt <strong>der</strong> von den Löhnen hervorgerufene<br />

Preisauftrieb und die befürchteten Reallohnverluste treten nicht ein.<br />

Allerdings können sich die gesunkenen Produktionskosten aus dem Lohnverzicht<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer aber auch in einer gesteigerten Produktionstätigkeit<br />

<strong>der</strong> Firmen nie<strong>der</strong>schlagen, ohne damit den Inflationsdruck zu dämpfen. In diesem<br />

Fall würde <strong>der</strong> Überhitzungszyklus nicht gebremst werden, denn die Überproduktion<br />

würde sich fortsetzen, bis die Binnennachfrage dem gesteigerten<br />

Angebot nicht mehr entspräche und eine schnelle Deflationswelle einsetzte, die<br />

von <strong>der</strong> antizyklischen Lohnpolitik ja gerade verhin<strong>der</strong>t werden sollte.<br />

Hier kommt die Bremse ins Spiel. <strong>Die</strong> beste Möglichkeit zur Verhin<strong>der</strong>ung<br />

einer solchen Überproduktion ist die Begleitung <strong>der</strong> preisdämpfenden Lohnpolitik<br />

durch Erhöhungen <strong>der</strong> Unternehmenssteuern und eine kurzfristig restriktive<br />

Finanzpolitik. In einer solchen Konfiguration kann das frei werdende Produktionspotenzial<br />

aus dem relativen Lohnverzicht <strong>der</strong> Arbeitnehmer von den

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