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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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108 S u S a n n e k. Sc H M i d t<br />

des EuGH bestimmt letztlich die nationalen Autonomiereserven, wobei im<br />

Grenzbereich kaum vorhersagbar ist, wo genau <strong>der</strong> EuGH die Grenze zwischen<br />

europäischer Marktschaffung und nationalen Kompetenzen zur Marktregulierung<br />

zieht. Damit ist für die Mitgliedstaaten nicht immer klar, auf Grundlage<br />

welcher Rückfalloption sie über Sekundärrecht verhandeln. Sind sie im Falle<br />

eines Scheiterns einer <strong>europäischen</strong> Richtlinie noch selbst verantwortlich für<br />

das Politikfeld o<strong>der</strong> unterliegen sie Beschränkungen durch die Grundfreiheiten,<br />

sodass mittlerweile nur noch ein gemeinsames politisches Vorgehen eine Option<br />

ist? Wie diese Frage beantwortet wird, ist entscheidend für die Verhandlungsposition<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten. Aufgrund <strong>der</strong> kontinuierlichen Entwicklung <strong>der</strong><br />

Rechtsprechung durch den EuGH, so die These, bewegen sich die Mitgliedstaaten<br />

immer auch in einem Kontext <strong>der</strong> Rechtsunsicherheit.<br />

2.3 Rechtsunsicherheit als Merkmal des <strong>Integration</strong>sprozesses<br />

Unter Rechtsunsicherheit wird, wie bemerkt, die mangelnde Fähigkeit, Recht vorherzusagen,<br />

gefasst. Rechtssicherheit ist ein zentraler Aspekt des Rechtsstaates<br />

und ist insofern ein in rechtswissenschaftlichen Analysen wichtiges Kriterium.<br />

In <strong>der</strong> Politikwissenschaft wird Unsicherheit als analytisches Konzept zwar breit<br />

diskutiert, beispielsweise in den Internationalen Beziehungen (Rathbun 2007),<br />

allerdings gibt es keine auf Gerichte bezogene Diskussion in <strong>der</strong> Politikwissenschaft.<br />

6 <strong>Die</strong> im Richterrecht zum Ausdruck kommende Unsicherheit beinhaltet<br />

analytische (bezogen auf die Frage, wie Recht interpretiert werden kann) und<br />

strategische Komponenten (bezogen auf die Frage, wie das Gericht entscheiden<br />

wird) (vgl. Iida 1993). Da die politikwissenschaftliche Literatur zur Unsicherheit<br />

zunächst auf das Problem des Richterrechts zugeschnitten werden müsste, konzentriere<br />

ich mich im Folgenden auf die mangelnde Vorhersagbarkeit und lasse<br />

die darüber hinausgehende theoretische Diskussion außer Acht. An<strong>der</strong>e empirische<br />

Studien, die Unsicherheit im hier benannten Sinne verwenden, verfahren<br />

ähnlich (Alexan<strong>der</strong> 2002: 1149). Hinzugefügt sei noch, dass das hier relevante<br />

Konzept von Unsicherheit von grundlegen<strong>der</strong> Natur ist, sodass es nicht nur um<br />

die mangelnde Fähigkeit <strong>der</strong> Verarbeitung von Informationen, son<strong>der</strong>n darüber<br />

hinaus um insgesamt fehlende Informationen geht (Dequech 2001: 918f.).<br />

Rechtsunsicherheit begründet sich aus <strong>der</strong> Rechtsprechung und <strong>der</strong> Logik des<br />

daraus resultierenden Richterrechts. Gerichte müssen Streitfragen entscheiden, wofür<br />

sie Regeln interpretieren. Insoweit diese Regeln den Ausgang des zu entscheidenden<br />

Falls nicht eindeutig normieren, muss über eine Interpretationsmethode<br />

6 In <strong>der</strong> Diskussion um »legalization« spielt die Präzision von Normen eine Rolle, die Konzeptualisierung<br />

bleibt aber für die hier interessierende Rechtsunsicherheit zu abstrakt (Abbott et al.<br />

2000).

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