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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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170 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

dass unterschiedliche Akteure ganz Unterschiedliches in ihm sahen. Doch mit<br />

<strong>der</strong> Verwirklichung des Binnenmarktes musste die breite Unterstützerkoalition<br />

zerfallen.<br />

Reform <strong>der</strong> Entscheidungsverfahren<br />

Begleitet wurde das Binnenmarktprogramm durch zwei institutionelle Reformen,<br />

die die Partizipationsmöglichkeiten in <strong>der</strong> Europäischen Union ausweiteten.<br />

Erstens wertete die EEA das Europäische Parlament auf, indem legislative<br />

Entscheidungen zum Binnenmarkt dem Verfahren <strong>der</strong> Zusammenarbeit unterworfen<br />

wurden. In dem Maß, wie Entscheidungskompetenzen auf die europäische<br />

Ebene übertragen wurden, stieg <strong>der</strong> Druck, die Prinzipien <strong>der</strong> liberalen<br />

Demokratie auch in <strong>der</strong> EU anzuwenden. Eine Reihe nationaler Regierungschefs<br />

unterstützte das normative Argument, dass die EU unter einem gravierenden<br />

Demokratiedefizit leiden würde, falls Entscheidungen ausschließlich in<br />

<strong>der</strong> Zuständigkeit <strong>der</strong> nicht gewählten Kommission und des nur indirekt legitimierten<br />

Ministerrates lägen. <strong>Die</strong> institutionellen Reformen <strong>der</strong> Einheitlichen<br />

Europäischen Akte und, später, des Vertrags von Maastricht ersetzten die bis dahin<br />

vom Ministerrat dominierte Gesetzgebung durch ein komplexes Verfahren<br />

inter-institutioneller Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission<br />

(Dehousse/Majone 1994; Nugent 1994; Peterson 1995). Als Ergebnis dieser<br />

Reformen sind die Kommission und das Europaparlament als Agendasetzer<br />

aufgewertet worden (Tsebelis 1994, 1995) – zwei Akteure, <strong>der</strong>en Anliegen es<br />

seit jeher war, den Aufgabenbereich <strong>der</strong> EU auszudehnen. Eine weitere Konsequenz<br />

<strong>der</strong> institutionellen Verän<strong>der</strong>ungen war die Vervielfältigung <strong>der</strong> Einflusschancen<br />

von Interessengruppen. Sie sind seitdem nicht länger darauf beschränkt,<br />

den Ministerrat ausschließlich im Umweg über nationale Regierungen<br />

zu beeinflussen (Greenwood/Grote/Ronit 1992; Kohler-Koch 1994; Marks/<br />

McAdam 1996).<br />

Zweitens, die EEA führte im Ministerrat für eine Vielzahl von Politikbereichen,<br />

die im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt standen, die Möglichkeit<br />

qualifizierter Mehrheitsentscheidungen ein. Der Vertrag von Maastricht weitete<br />

einige Jahre später die Anwendungsgebiete noch einmal aus. Ursprünglich<br />

wurde die Abkehr vom Konsensprinzip damit begründet, dass wi<strong>der</strong>willige Regierungen<br />

(vor allem die griechische Regierung unter Papandreou) die Marktöffnung<br />

blockieren könnten, wenn sie nicht im Gegenzug Ausgleichszahlungen<br />

von marktfreundlichen Regierungen erhielten (Cameron 1992; Moravcsik 1991).<br />

Allerdings zeigte sich bald, dass sich die Anwendung von Mehrheitsentscheidungen<br />

nicht ohne weiteres auf den Binnenmarkt beschränken ließ, son<strong>der</strong>n auch<br />

auf Themen wie den Umweltschutz o<strong>der</strong> die Sozialpolitik angewandt werden

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