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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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186 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

weit gegangen, den Zugang zu an<strong>der</strong>en Sozialstaaten für alle EU-Bürger zu öffnen,<br />

die Rechtsprechung hat aber eine »inkrementelle, auf Rechten basierende<br />

Homogenisierung <strong>der</strong> Sozialpolitik« zwischen den Mitgliedstaaten angestoßen<br />

(Leibfried/Pierson 1995).<br />

Während <strong>der</strong> Beitrag des Europäischen Gerichtshofs zum regulierten Kapitalismus<br />

eher eine unbeabsichtigte Nebenfolge <strong>der</strong> Liberalisierungspolitik<br />

ist, hat die Kommission unter Jacques Delors aktiv am Projekt des regulierten<br />

Kapitalismus mitgearbeitet. <strong>Die</strong> zugrunde liegende Strategie bestand darin,<br />

zwischen den Mitgliedstaaten eine Reihe von Paketlösungen auszuhandeln, die<br />

den Binnenmarkt in ein politisches Gemeinwesen mit weitgehenden Befugnissen<br />

und effektiver Politikgestaltungsmacht umwandeln (Grant 1994; Ross 1993,<br />

1995a). Blieben große Reformschritte umstritten, schlug die Kommission Ausgleichszahlungen<br />

an zögerliche Regierungen vor, die einerseits eine Einigung<br />

erleichtern und an<strong>der</strong>erseits den regulierten Kapitalismus för<strong>der</strong>n sollten (zum<br />

Beispiel die Kohäsionspolitik). Jede Paketlösung wurde mit Blick auf die nächste<br />

Verhandlungsrunde so formuliert, dass weitere <strong>Integration</strong>sschritte auf ihrer<br />

Grundlage vorgeschlagen werden konnten – dieses Vorgehen hat Jacques<br />

Delors als Strategie <strong>der</strong> »Russischen Puppe« (Ross 1995a, 1995a) bezeichnet.<br />

Zum ersten Mal wurde diese Strategie bei den Haushaltsverhandlungen 1988<br />

angewandt, in denen die finanziellen Prioritäten für die Jahre 1989 bis 1993<br />

festgelegt wurden. <strong>Die</strong> mehrjährige Haushaltsplanung, die schon an sich eine Innovation<br />

darstellte, gab <strong>der</strong> Kommission ein Instrument an die Hand, mit dem<br />

sie einerseits Pakete schnüren konnte, die für jede Regierung etwas enthielten,<br />

und an<strong>der</strong>erseits den Boden für eine EU-Politik in den Bereichen gemeinschaftlicher<br />

Zusammenhalt (Kohäsion), Forschung und Entwicklung, Informationstechnologie<br />

und Infrastrukturentwicklung im Telekommunikationssektor bereitete.<br />

<strong>Die</strong> Verdoppelung <strong>der</strong> Mittel zur För<strong>der</strong>ung weniger entwickelter Regionen<br />

stellte dabei den wichtigsten Schritt dar. Im Ergebnis nutzte die EU 1993 schon<br />

30 Prozent ihres Budgets zur regionalen Umverteilung. <strong>Die</strong>se stattliche finanzielle<br />

Ausstattung bildete das Fundament für eine gemeinschaftsweite europäische<br />

Kohäsionspolitik, die sich auf drei Kernelemente des regulierten Kapitalismus<br />

stützte: eine umfassende, von EU-Akteuren geprägte positive Regulierung; eine<br />

ebenenübergreifende Partnerschaft zwischen <strong>der</strong> Kommission, nationalen Ministerien<br />

und subnationalen Behörden und eine signifikante Umverteilung von<br />

Reich zu Arm. Spanien, Griechenland, Portugal und Irland, die Hauptnutznießer<br />

<strong>der</strong> Kohäsionspolitik, erhielten anfangs finanzielle Hilfen in Höhe von 2<br />

bis 4 Prozent ihres BIP – was in etwa <strong>der</strong> Größenordnung des Marshall-Plans<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg entsprach. Delors zweite finanzielle Vorausschau<br />

für die Jahre 1994 bis 1999 erhöhte die Kohäsionsmittel noch einmal auf 141<br />

Milliarden Ecu (in Preisen von 1992), sodass Irland, Griechenland und Portugal

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