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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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342 S t e p H a n le i b f r i e d u n d He r b e r t ob i n g e r<br />

wurde das herkömmliche wirtschaftspolitische Repertoire <strong>der</strong> Nationalstaaten<br />

zur Verteidigung ihrer Sozialstandards stark eingeschränkt. Dadurch kann<br />

sich auf Dauer ein nationalstaatliches Interesse entwickeln, die »kitzligeren«<br />

Bereiche »nach oben« abzuschieben. Das dürfte vor allem für sozialpolitische<br />

beziehungsweise sozialpolitiknahe Politikfel<strong>der</strong> interessant sein, in denen ein<br />

hoher Problem druck besteht. <strong>Die</strong>se Konstellation hat ja schon jetzt bewirkt,<br />

dass die EU beschäftigungspolitisch aufgeladen wurde und die Mitgliedstaaten<br />

hier verstärkt versuchen, die EU mangels eigener Beweglichkeit in Anspruch zu<br />

nehmen. Hiernach dürfte Raum vor allem für einen Zuwachs bei <strong>europäischen</strong><br />

beschäftigungspolitischen Maßnahmen bestehen.<br />

3. Ungleichzeitige Entwicklung – Europäisierung versus Balkanisierung. Der einheitliche<br />

europäische Markt begünstigte die Schaffung eines <strong>europäischen</strong> Privatversicherungsmarktes,<br />

während die Sozialversicherungen bislang balkanisiert geblieben<br />

sind. Gleichzeitig gibt es aber in allen <strong>europäischen</strong> Wohlfahrtsstaaten<br />

ein historisch austariertes Gleichgewicht zwischen Privat- und Sozialversicherungen.<br />

<strong>Die</strong>ses Gleichgewicht ist ins Wanken gekommen, seit die Privatversicherungsseite<br />

sich europäisch in einem Markt formiert hat und dabei economies<br />

of scale für attraktive Produkte nutzt, während die öffentliche (umverteilende)<br />

soziale Sicherung national geblieben ist. <strong>Die</strong> damit verbundene Spaltung <strong>der</strong> Sozialschutzsysteme<br />

verursacht aber einen sozialpolitischen Handlungsbedarf, wobei<br />

die einheitliche Neujustierung <strong>der</strong> Grenzverläufe zwischen Öffentlich und<br />

Privat sinnvoll nur auf europäischer Ebene erfolgen und dort gegebenenfalls<br />

nationale Folgewirkungen zeitigen können. Dabei werden die privaten Akteure<br />

auf europäische Lösungen drängen und die öffentlichen wohl den nationalen<br />

Status quo verteidigen.<br />

4. Süd(öst)liche Umverteilungserwartungen gegen nordwestliche Besitzstandsverteidigung.<br />

Aus <strong>der</strong> Umfrageforschung ist ein Süd-Nord-Gegensatz in Europa bekannt,<br />

wonach die Bürger in süd<strong>europäischen</strong> Län<strong>der</strong>n große Erwartungen an eine<br />

aktive europäische sozialpolitische Rolle haben, während solche Ambitionen in<br />

Nord- und Mitteleuropa mehrheitlich abgewehrt werden (Mau 2003). <strong>Die</strong>ser<br />

Erwartungsstand lässt ein geografisches Profil eines <strong>europäischen</strong> »Prinzips<br />

Hoffnung« erkennen, das systematisch auf Brüsseler Umverteilung setzt. <strong>Die</strong><br />

Frage wird sein, wie sich die Osterweiterung mittel- und langfristig in dieses Erwartungspanorama<br />

einfügt: Läuft sie eher auf eine Liaison mit dem Süden o<strong>der</strong><br />

auf eine dauerhafte Entwicklung ganz eigener Art hinaus?<br />

5. Ost­West­Gefälle in <strong>der</strong> wohlfahrtsstaatlichen Sicherung und europäische Minima.<br />

Mit <strong>der</strong> Osterweiterung ist das bislang größte und nachhaltigste Wohlstandsgefälle<br />

in die Union eingeführt worden, wobei im Osten westliche Sozialstandards<br />

weniger eine erstrebenswerte Zielgröße darstellen, als dies bei <strong>der</strong> Sü<strong>der</strong>weiterung<br />

von Anbeginn <strong>der</strong> Fall war. Zugleich wird diese Region aber bald über die

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