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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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444 H e n r i k en d e r l e i n<br />

begegnet werden kann. Der Fall Sloweniens ist in diesem Kontext beson<strong>der</strong>s<br />

interessant. Slowenien, das als erstes Land Mittel- und Osteuropas den Beitritt<br />

zum Euro beantragte und auch aufgenommen wurde, weist eine stark koordinierte<br />

Lohnpolitik auf, die den in diesem Kapitel diskutierten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

entspricht.<br />

Für die politikwissenschaftliche Forschung zur politischen <strong>Ökonomie</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>europäischen</strong> Währungsunion könnte aus diesem Beitrag die Schlussfolgerung<br />

gezogen werden, dass zyklische Phänomene von weitaus größerer Bedeutung<br />

für die Funktionsweise des Euroraums sind, als in vielen Forschungsarbeiten<br />

vermutet. Vor allem <strong>der</strong> Beitrag von Hall und Franzese (in diesem Band), <strong>der</strong> die<br />

Geldpolitik auf die Dualität von »restriktiv« und »akkommodierend« reduziert,<br />

diese Ausrichtung aber für den gesamten Euroraum postuliert, greift aus <strong>der</strong><br />

Warte <strong>der</strong> hier vorgestellten Argumentation zu kurz. Schon allein <strong>der</strong> Ansatz,<br />

den <strong>europäischen</strong> Währungsraum als ökonomische Einheit zu begreifen, erscheint<br />

aufgrund <strong>der</strong> weiterhin stark nationalen Ausrichtungen von Produktion<br />

und Konsum problematisch. In <strong>der</strong> Tat ist die Heterogenität im Euroraum (also<br />

vor allem die Differenz zwischen Inflations- und Wachstumswerten) im Lauf<br />

<strong>der</strong> ersten inzwischen fast zehn Jahre <strong>der</strong> Währungsunion gegenüber den späten<br />

Neunzigerjahren, als die Schaffung von Homogenität über die Maastricht-<br />

Kriterien quasi zur Pflichtaufgabe <strong>der</strong> nationalen Wirtschaftspolitiken geworden<br />

war, deutlich angestiegen (zum Beispiel IMF 2004).<br />

Als Gesamtschlussfolgerung lässt sich festhalten, dass die Schaffung einer<br />

Währungsunion in einem stark heterogenen Wirtschaftsraum deutlichere Umverteilungsmechanismen<br />

auslöst, als dies von den »Machern« des Euro vorhergesehen<br />

wurde. Ökonomen reagieren auf diese Problemkonstellation in <strong>der</strong> Regel<br />

mit dem Verweis auf den Wettbewerb im Binnenmarkt. Durch eine immer stärkere<br />

Marktintegration entstünden Preiskonvergenzen, Niedriginflationslän<strong>der</strong><br />

würden den dämpfenden Effekt hoher Realzinsen durch Wettbewerbsvorteile<br />

ausgleichen. Soweit die Theorie. <strong>Die</strong> ersten Jahre <strong>der</strong> Währungsunion haben<br />

aber gezeigt, dass dieser Mechanismus nicht o<strong>der</strong> nur sehr langsam greift.<br />

Überraschend ist das nicht: Preiskonvergenzen können sich nur in perfekt<br />

flexiblen Märkten bilden. Und genau gegen diese wehren sich immer größere<br />

Teile <strong>der</strong> Bevölkerung. Beispiel <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie: <strong>Die</strong> für die Funktionsweise<br />

<strong>der</strong> Währungsunion so wichtige Öffnung des Binnenmarktes für<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen wurde als Reaktion auf Proteste zurückgestellt (vgl. Höpner<br />

und Schäfer in diesem Band). Dafür gibt es aus politischer Sicht zwar sehr gute<br />

Gründe, die mit <strong>der</strong> Logik <strong>der</strong> Währungsintegration aber kaum in Einklang zu<br />

bringen sind. <strong>Die</strong> Zeit mochte reif sein für eine gemeinsame Währung – sie ist<br />

es nicht für einen echten gemeinsamen Markt, <strong>der</strong> zum Entstehen wie<strong>der</strong>um<br />

eine stärkere politische Union benötigen würde.

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