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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e i n e n e u e pH a S e d e r e u r o p ä i S c H e n in t e g r a t i o n 147<br />

<strong>Die</strong> Beschränkungen <strong>der</strong> freien Nie<strong>der</strong>lassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im<br />

Hoheitsgebiet eines an<strong>der</strong>en Mitgliedstaats sind nach Maßgabe <strong>der</strong> folgenden Bestimmungen<br />

verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen <strong>der</strong> Gründung von Agenturen, Zweignie<strong>der</strong>lassungen<br />

o<strong>der</strong> Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet<br />

eines Mitgliedstaats ansässig sind. (aus Artikel 43 des Vertrags über die Europäische<br />

Union)<br />

Artikel 48 des Vertragswerks bestimmt ausdrücklich:<br />

Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats<br />

gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung o<strong>der</strong><br />

ihre Hauptnie<strong>der</strong>lassung innerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich,<br />

die Angehörige <strong>der</strong> Mitgliedstaaten sind.<br />

Im Einklang damit hätte bis 1999 kaum jemand argumentiert, dass die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit<br />

auch das Recht <strong>der</strong> Firmen umfasst, sich ihr Gesellschaftsrecht<br />

unabhängig vom Ort <strong>der</strong> wirtschaftlichen Aktivität unter den Rechtsordnungen<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten auswählen zu können.<br />

Das Urteil zu Centros meldete Zweifel an <strong>der</strong> Sitztheorie an, ohne sie endgültig<br />

durch ihr logisches Gegenstück – die Gründungstheorie – zu ersetzen.<br />

Der Weinimporteur Centros Ltd. wurde von zwei Dänen nach britischem Recht<br />

gegründet. Transaktionen fanden ausschließlich in Dänemark statt. <strong>Die</strong> Grün<strong>der</strong><br />

verheimlichten nicht, dass das Motiv hinter <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> ausländischen Rechtsform<br />

die Umgehung <strong>der</strong> dänischen Bestimmungen zur Mindestkapitalisierung<br />

war. Vonseiten <strong>der</strong> dänischen Behörden wurde argumentiert, dass es sich dabei<br />

um eine unerlaubte Umgehung inländischer Mindestbestimmungen handelte.<br />

<strong>Die</strong> Eintragung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung in das dänische Handelsregister wurde abgelehnt.<br />

<strong>Die</strong> Firmengrün<strong>der</strong> riefen den Europäischen Gerichtshof an. In ihrer<br />

Stellungnahme verdeutlichte die Kommission, ihrer Ansicht nach seien die<br />

Grün<strong>der</strong> im Recht: Es sei Dänemark nicht erlaubt, seine gesellschaftsrechtlichen<br />

Mindeststandards auf Centros anzuwenden. Der EuGH stimmte <strong>der</strong> Position<br />

<strong>der</strong> Kläger und <strong>der</strong> Kommission zu (Urteil vom 9.3.1999, C-212/97).<br />

Der EuGH urteilte, dass die Gründung ausländischer Briefkastenfirmen zur<br />

Umgehung inländischer Mindeststandards eine legitime Maßnahme war, die von<br />

den dänischen Behörden nicht beanstandet werden durfte:<br />

Damit kann es für sich allein keine missbräuchliche Ausnutzung des Nie<strong>der</strong>lassungsrechts<br />

darstellen, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, <strong>der</strong> eine Gesellschaft gründen<br />

möchte, diese in dem Mitgliedstaat errichtet, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm<br />

die größte Freiheit lassen, und in an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten Zweignie<strong>der</strong>lassungen gründet. …<br />

Dass eine Gesellschaft in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, keine Geschäftstätigkeiten<br />

entfaltet und ihre Tätigkeit ausschließlich im Mitgliedstaat ihrer Zweignie<strong>der</strong>lassung ausübt,<br />

belegt … noch kein missbräuchliches und betrügerisches Verhalten, das es dem letzteren<br />

Mitgliedstaat erlauben würde, auf diese Gesellschaft die Gemeinschaftsvorschriften über das<br />

Nie<strong>der</strong>lassungsrecht nicht anzuwenden. (Ziffern 27 und 29)

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