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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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350 S t e p H a n le i b f r i e d u n d He r b e r t ob i n g e r<br />

auch nicht dafür, regulativ direkt in mitgliedstaatliche Steuersysteme durch Freibetrags-<br />

o<strong>der</strong> ähnliche Regelungen sozialpolitisch standardisierend und Sozialpolitik<br />

ermöglichend einzugreifen, obwohl Letzteres noch nicht vollständig<br />

ausgetestet und juristisch wohl unklar ist. Der Haushalt <strong>der</strong> Gemeinschaft wird<br />

aus Mitteln <strong>der</strong> Mitgliedstaaten gespeist (EU als »Kostgänger«), <strong>der</strong>en Höhe<br />

nach wirtschaftlichem Leistungsvermögen gestaffelt ist. Es ist nun die bereits<br />

erwähnte starke Asymmetrie zwischen den Interessen <strong>der</strong> reichen und <strong>der</strong> armen<br />

Mitgliedstaaten, die zusammen mit den hohen Konsensschwellen eine Än<strong>der</strong>ung<br />

des Status quo im Finanzbereich sehr unwahrscheinlich macht (Beramendi<br />

2007). Vielmehr versuchen zahlreiche wohlhabende Mitgliedstaaten, ihre<br />

Zahlungen an Brüssel zu verringern. Darüber hinaus ist wohlbekannt, dass <strong>der</strong><br />

Großteil <strong>der</strong> EU-Einnahmen für die Gemeinsame Agrarpolitik – und dann die<br />

Strukturpolitik – verwendet wird, wodurch seit Jahrzehnten alle Ausgaben für<br />

an<strong>der</strong>e politische Ziele an den Rand gedrängt worden sind.<br />

Im Übrigen mögen diese Budgetsummen zwar ausreichen, um eine gewisse<br />

soziale Subventionssicherung für die wenigen verbliebenen Landwirte <strong>der</strong> EU-<br />

15 – mit ausgeprägt unsozialen Nebenfolgen auch für die eigentlich armen<br />

Landwirte – zu betreiben 7 (Rieger 1998: 240), für einen <strong>europäischen</strong> Wohlfahrtsstaat<br />

würden diese Summen bestenfalls <strong>der</strong> berühmte Tropfen auf dem heißen<br />

Stein sein. 8 Für eine soziale Rückversicherungsstrategie nach US-amerikanischem<br />

Muster könnte eine solche Budgetsumme allerdings genau das Startkapital für<br />

den »Tropfen sozialen Öls« sein, mit dem langfristig ein Durchbruch in eine<br />

europäische »soziale Dimension« erzielt werden kann. 9 Eine solche Strategie<br />

setzte zwar die Budgetgewalt ein, würde aber die Bedingungen <strong>der</strong> Rückversicherung<br />

auf mittlere Frist regulativ verstetigen, also immer auch eine an<strong>der</strong>e<br />

Bypass-Strategie mitnutzen müssen.<br />

7 <strong>Die</strong> sektorale Lösung für dieses Problem wird seit Langem darin gesucht, weg von den sozial<br />

nicht zielbaren Agrarpreissubventionen zu kommen und ökologisch neu begründete (»Naturwirte«),<br />

bedürftigkeitsgeprüfte EG-Transfereinkommen zu schaffen.<br />

8 <strong>Die</strong> EG absorbiert etwas mehr als 1 Prozent des <strong>europäischen</strong> Bruttoinlandsprodukts in ihrem<br />

Haushalt, davon die Hälfte für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). <strong>Die</strong> Nationalstaaten absorbieren<br />

bis zu 50 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für den Staatshaushalt, und in diesem<br />

Rahmen bis zu 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ihren Wohlfahrtsstaat.<br />

9 In den USA erstattet <strong>der</strong> Bund den Einzelstaaten, in denen die Arbeitslosigkeit beson<strong>der</strong>s hoch<br />

ist, einen kleinen Teil ihrer Arbeitslosengeldkosten, wobei die Einzelstaaten ganz unterschiedlich<br />

generös mit Arbeitslosigkeit umgehen, also nur eine begrenzt »harmonisierte« Arbeitslosenversicherung<br />

kennen, und die begrenzte Harmonisierung nur eine Subventionsbedingung darstellt.<br />

Als es in den Siebzigerjahren zum ersten Mal um die Durchsetzung <strong>der</strong> Währungsunion<br />

in <strong>der</strong> EG ging, diente das US-Modell <strong>der</strong> EG mit als sozialpolitische Orientierung für einen zu<br />

schaffenden <strong>europäischen</strong> »Puffer« im gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum.

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