07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

182 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

eingesetzt. <strong>Die</strong> regulierungsfreundliche Einstellung des Europaparlaments hat<br />

sich dadurch verstärkt, dass nach 1989 die Sozialdemokraten im Zusammenspiel<br />

mit den Grünen und an<strong>der</strong>en linken o<strong>der</strong> gemäßigten Abgeordneten eine Mehrheit<br />

im Parlament bildeten (Bardi 1994; Ladrech 1993).<br />

Einige Elemente des regulierten Kapitalismus sind auch von Gruppen unterstützt<br />

worden, die sonst nicht zu den üblichen Verdächtigen zählen. So setzte<br />

sich <strong>der</strong> European Round Table of Industrialists (ERT), ein Zusammenschluss<br />

multinationaler Firmen, 1983 in einem Memorandum für europäische Infrastrukturprogramme<br />

und eine durch die EU geför<strong>der</strong>te engere Zusammenarbeit<br />

in den Bereichen Forschung und Entwicklung ein. Insbeson<strong>der</strong>e warb <strong>der</strong> ERT<br />

für das europäische Infrastrukturprogramm »Missing Links«, einem Vorläufer<br />

<strong>der</strong> Trans<strong>europäischen</strong> Netze (Cowles 1995). Aus Sicht einiger seiner französischen<br />

Mitglie<strong>der</strong> erscheint <strong>der</strong> ERT als »sozialdemokratische/christdemokratische<br />

Gruppe, die die Ideologie <strong>der</strong> Thatcher-Kapitalisten (ideology of Thatcherite<br />

capitalists) nicht teile« (Cowles 1995: 512). Doch obwohl <strong>der</strong> Round Table in <strong>der</strong><br />

Industriepolitik eine Aufgabe für die EU erkannte, gibt es nur wenige Anzeichen,<br />

dass er ebenfalls den Sozialen Dialog, eine europäische Sozialpolitik o<strong>der</strong><br />

den Umweltschutz unterstützte. So schlug <strong>der</strong> ERT im Dezember 1993 beispielsweise<br />

die Schaffung eines »<strong>europäischen</strong> Wettbewerbsrates« vor, an dem<br />

Vertreter von Industrie, Regierungen und Wissenschaft, nicht jedoch Arbeitnehmer<br />

teilnehmen sollten (Cowles 1995). <strong>Die</strong>ses Ansinnen stellte natürlich den<br />

Sozialen Dialog infrage. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Unterstützung<br />

in <strong>der</strong> Wirtschaft für den regulierten Kapitalismus nachgelassen hat und dies<br />

eng mit einem infolge von Globalisierung und Marktliberalisierung wachsenden<br />

Wettbewerbsdruck verbunden zu sein scheint.<br />

Institutionelles Terrain<br />

Im Vergleich zum Regulierungsniveau in den kontinental- und nord<strong>europäischen</strong><br />

Staaten wirken die Errungenschaften <strong>der</strong> Koalition des regulierten Kapitalismus<br />

bescheiden. Auf europäischer Ebene gibt es we<strong>der</strong> funktionale Äquivalente zu<br />

den bestehenden Sozialstaaten noch zu einer kooperativen Wirtschaftspolitik<br />

(cooperative economic governance), zum nationalen System <strong>der</strong> industriellen Beziehungen<br />

o<strong>der</strong> zur Industriepolitik. Auch gibt es keine Anzeichen, dass die spezifisch<br />

nationale Form positiver Regulierung in absehbarer Zeit auf europäischer Ebene<br />

reproduziert werden wird.<br />

Man muss nicht lange nach einer Erklärung suchen, um dies zu verstehen.<br />

<strong>Die</strong> Forschung über den Neokorporatismus und zum Klassenkompromiss <strong>der</strong><br />

Nachkriegsjahrzehnte hat eine Reihe von Voraussetzungen identifiziert, die für<br />

ihre Herausbildung notwendig sind. Dazu gehören starke politische Organisati-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!