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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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n a t i o n a l e So z i a l S t a a t e n i n d e r eu r o p ä i S c H e n un i o n 357<br />

4 Langfristige Entwicklungsperspektiven für Europa<br />

Welche Optionen verbleiben nun in <strong>der</strong> Zusammenschau, um die sozialpolitische<br />

Dimension auf europäischer Ebene zu stärken?<br />

Mehrebenensysteme, die auf einer festen Aufteilung von Gesetzgebungszuständigkeiten<br />

aufbauen, sind grundsätzlich für politischen Stillstand und<br />

Reformstau anfällig (Scharpf 1985). Dennoch kennzeichnen das europäische<br />

Mehr ebenensystem – verglichen mit dem von fö<strong>der</strong>alen Nationalstaaten – einige<br />

Beson<strong>der</strong>heiten: Sein einzigartiges Systems <strong>der</strong> Politikverflechtung (»joint<br />

decision-making«) hemmt sozialpolitische Verän<strong>der</strong>ungen, hinzu kommen die<br />

gegenwärtigen institutionellen und akteurbezogenen Konstellationen, die nach<br />

allen anerkannten Grundsätzen <strong>der</strong> Vetospielertheorie Blockaden hochwahrscheinlich<br />

machen.<br />

Analog zur wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung in den sechs untersuchten<br />

Bundesstaaten (Obinger et al. 2005a) wird mit dem in <strong>der</strong> EU eingeschlagenen<br />

politischen Weg auf Umgehungsstrategien zurückgegriffen, um die in Mehrebenensysteme<br />

eingebauten institutionellen Rigiditäten zu flexibilisieren und die<br />

eng begrenzten fiskalischen und verwaltungsmäßigen Kompetenzen zu »weiten«.<br />

Allerdings kommt dabei nichts klassisch Sozialstaatliches zustande, vielmehr<br />

kommen neue Formen <strong>der</strong> sozialen Absicherung in den Blick, die in Abbildung<br />

2 zusammengefasst sind. Folgende Aspekte werden darin beleuchtet:<br />

Welche Zugriffstypen gibt es? Was sind beziehungsweise könnten ihre sozialstaatlichen<br />

Ausprägungen sein? Sind sie schon empirisch ausgeformt? Werden<br />

sie von ideologisch-klimatischen Trends begünstigt? Sind sie stärker schockabhängig<br />

o<strong>der</strong> können sie leise, Schritt für Schritt als »incremental politics« wachsen?<br />

Wie stark tragen sie zu einer <strong>europäischen</strong> Identität bei, erbringen also Legitimation<br />

für die EU? Und, schließlich, treffen sie auf ein national stark<br />

vorbesetztes Feld? Dabei beruhen die Spalten 4 bis 6 stark auf Einschätzungen,<br />

die von Intuition geleitet sind.<br />

Wir mussten bislang feststellen, dass es nur »an<strong>der</strong>thalb« Bypass-Wege gibt,<br />

denen in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen EU-Sozialpolitik eine Schlüsselrolle zukommt und die<br />

gewissermaßen ineinan<strong>der</strong> gestaffelt und aufeinan<strong>der</strong> bezogen verlaufen.<br />

Der erste Weg ist von seiner Natur her ganz regulativ angelegt und ist uns aus<br />

<strong>der</strong> bundesstaatlichen Praxis nur zu bekannt. Zwar können damit Sozialschutzziele<br />

und individuelle Grundrechte auf hohem Niveau gewährleistet werden,<br />

dieser Weg endet aber dort, wo eine Kernaufgabe des Wohlfahrtsstaates, nämlich<br />

die redistributive Politik, erst beginnt.<br />

Der zweite, halbe und eher testend beschrittene Weg, die OMK, ist eher eigentümlich<br />

für die EU und verläuft gewissermaßen (noch) im Vorfeld <strong>der</strong> Regulation.<br />

<strong>Die</strong>ser Weg beruht grundsätzlich auf Freiwilligkeit bei <strong>der</strong> Mitwirkung

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