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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d i e ewu a l S w o r k i n p r o g r e s s 409<br />

Zentralbank bei <strong>der</strong> Eindämmung von fiskalischer Expansion und Inflation in<br />

Teilen <strong>der</strong> Union weniger erfolgreich als die Bundesbank.<br />

<strong>Die</strong>se Unterschiede wurden durch die divergierenden Formen <strong>der</strong> Lohnaushandlung<br />

zusätzlich verstärkt. <strong>Die</strong> EWU-Mitgliedslän<strong>der</strong> mit weit entwickelten<br />

Mechanismen <strong>der</strong> Lohnkoordination, so beispielsweise Deutschland, die Nie<strong>der</strong>lande<br />

und Belgien, waren fähig, das Lohnwachstum unter Kontrolle zu halten<br />

– und die Einführung einer gemeinsamen Währung gab ihnen zusätzliche<br />

Gründe, daran auch festzuhalten, konnte doch die Abwertung <strong>der</strong> nationalen<br />

Währung nicht mehr eingesetzt werden, um die Wirkungen hoher Lohnabschlüsse<br />

auf die Wettbewerbsposition <strong>der</strong> Exportgüter abzufe<strong>der</strong>n. Wo aber die<br />

Gewerkschaften vergleichweise mächtig waren und die Lohnpolitik vergleichsweise<br />

unkoordiniert, gingen expansive Fiskalpolitiken und regionale Konjunkturaufschwünge<br />

mit höheren Inflationsraten einher.<br />

Im Ergebnis blieb trotz <strong>der</strong> gemeinsamen Geldpolitik <strong>der</strong> Europäischen<br />

Zentralbank eine beachtliche Varianz <strong>der</strong> Inflationsraten zwischen den Teilnehmerlän<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> EWU bestehen. Folglich ergaben sich Diskrepanzen zwischen<br />

dem von <strong>der</strong> EZB gesetzten nominalen Zinssatz und den in den jeweiligen Län<strong>der</strong>n<br />

präsenten realen Zinsniveau. <strong>Die</strong>ser Effekt wirkte zum Nachteil von Län<strong>der</strong>n<br />

wie Deutschland, in denen die nationalen Inflationsraten niedrig und die<br />

realen Zinssätze hoch waren. In solchen Konstellationen wirkte die Geldpolitik<br />

<strong>der</strong> EZB kontraktiver als in den Teilnehmerstaaten mit höheren Inflationsraten<br />

wie beispielsweise Irland und Griechenland (En<strong>der</strong>lein in diesem Band).<br />

Soskice (2006) hat darauf hingewiesen, dass solche Effekte durch an<strong>der</strong>e<br />

Merkmale politischer <strong>Ökonomie</strong>n weiter verstärkt werden. Mit einer Analyse,<br />

die sich am »Spielarten-des-Kapitalismus«-Konzept orientiert, zeigt Soskice auf,<br />

dass die Sparquote systematisch zwischen koordinierten und liberalen Marktökonomien<br />

variiert. Während die Beschäftigten in ersteren typischerweise in<br />

ein hohes Maß an industriespezifischen Fertigkeiten investieren, streben die<br />

Beschäftigten in zweiteren für gewöhnlich nach breit angelegten Fertigkeiten.<br />

Verlieren sie ihre Arbeitsplätze, ist es für Beschäftigte mit industriespezifischen<br />

Fertigkeiten schwerer, neue Stellungen zu finden, die ihrem Ausbildungsniveau<br />

entsprechen. Unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen neigen Beschäftigte<br />

in koordinierten <strong>Ökonomie</strong>n deshalb zu einer Spartätigkeit, die die Sparquoten<br />

liberaler Marktökonomien übersteigt. <strong>Die</strong>s wie<strong>der</strong>um schlägt sich auf<br />

die aggregierte Nachfrage nie<strong>der</strong> und erschwert die Erholung von Krisen unter<br />

Einhaltung <strong>der</strong> vom Stabilitäts- und Wachstumspakt gesetzten Grenzen.<br />

Kurz: <strong>Die</strong> wirtschaftlichen Wirkungen des Übergangs zur EWU hingen von<br />

den Beschaffenheiten <strong>der</strong> nationalen politischen <strong>Ökonomie</strong>n ab. Vom Eintritt in<br />

die EWU haben manche mehr profitiert als an<strong>der</strong>e. <strong>Die</strong> Erwartungen <strong>der</strong>er, die<br />

betonten, Deutschland habe ohnehin bereits eine Bundesbank gehabt, die <strong>der</strong>

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