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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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198 n a c H b e t r a c H t u n g V o n li e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

EU verfolgten. Unsere Argumente wendeten sich an eine Zielgruppe, die zur<br />

damaligen Zeit <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> wenig Bedeutung zumaß. Aus Sicht<br />

<strong>der</strong> Vergleichenden <strong>Politische</strong>n <strong>Ökonomie</strong> war »Europa« nicht viel mehr als ein<br />

Nebenkriegsschauplatz mit geringen Auswirkungen auf die nationale Politik.<br />

Zudem haftete <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> methodologisch <strong>der</strong> unangenehme<br />

Beigeschmack an, die Fallzahl für die vergleichende Forschung zu reduzieren.<br />

Unter Rückgriff auf politökonomische Analysen argumentierten wir, dass<br />

<strong>der</strong> Anstoß für die Entwicklung des <strong>europäischen</strong> Gemeinwesens im Scheitern<br />

des nationalen Keynesianismus lag. Als Antwort darauf wurden zum einen Entscheidungen<br />

auf private Akteure und den Markt übertragen. <strong>Die</strong> zweite, komplementäre<br />

Antwort lag in <strong>der</strong> Hinwendung zu Europa. Beide gemeinsam stellten<br />

den Ausgangspunkt für die Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong><br />

in den Achtzigerjahren dar. Dennoch beschrieben sie nicht den Endpunkt des<br />

damit ausgelösten <strong>Integration</strong>sprozesses, da umstritten blieb, wie <strong>der</strong> Gemeinsame<br />

Markt politisch eingebettet werden sollte. Wie viel Entscheidungsbefugnisse<br />

sollten die <strong>europäischen</strong> Institutionen erhalten? Für welche Politikfel<strong>der</strong><br />

sollte die EU verantwortlich sein, welche Aufgaben in nationaler Zuständigkeit<br />

verbleiben? Genau wie die Politik im Nationalstaat des vorangegangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

durch Verteilungskämpfe und vom Klassenkonflikt geprägt worden<br />

war, antizipierten wir, dass europäische Policies Gegenstand politischer Verteilungskämpfe<br />

werden würden. Allerdings erwarteten wir keine Staatsbildung, wie<br />

sie auf nationaler Ebene erfolgt war. Links-rechts-Konflikte über europäische<br />

Themen würden nicht einfach dem historischen Muster des Nationalstaates folgen.<br />

Das lag vor allem daran, dass die institutionellen Hürden für eine Re-Regulierung<br />

des Gemeinsamen Marktes in <strong>der</strong> Europäischen Union sehr hoch waren<br />

und die Unterstützerkoalition schwächer als in den meisten Mitgliedstaaten. Auf<br />

europäischer Ebene gab es we<strong>der</strong> kohärente Gewerkschaften noch eine einige<br />

Arbeiterklasse, und die grenzübergreifende kulturelle Solidarität war gering ausgeprägt.<br />

Kurz, sowohl die Voraussetzungen für einen <strong>europäischen</strong> Sozialstaat<br />

als auch für den Neokorporatismus fehlten auf EU-Ebene (Streeck/Schmitter<br />

1991). Folglich wurde die Debatte darüber geführt, wie die Märkte zu regulieren<br />

seien – und nicht darüber, wie sie ersetzt werden könnten.<br />

Wir haben zwei politische Entwürfe o<strong>der</strong> Projekte beschrieben, um die sich<br />

jeweils breite Unterstützerkoalitionen politischer Akteure gruppierten. Das neoliberale<br />

Projekt strebt durch die Kombination <strong>der</strong> europaweiten Marktintegra tion<br />

mit minimaler Regulierung an, den Markt vor politischen Interventionen zu<br />

schützen. <strong>Die</strong> Neoliberalen und ihre Bündnispartner <strong>der</strong> ökonomischen Rechten<br />

befürworten einen einheitlichen Markt, in dem die Nationalstaaten im Wettbewerb<br />

um mobile Produktionsfaktoren ein möglichst attraktives Regulierungsregime<br />

anbieten. Befugnisse <strong>der</strong> EU, die über die Sicherung des Wettbewerbs

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