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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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Grundzüge einer politökonomischen Perspektive<br />

auf die europäische <strong>Integration</strong><br />

Martin Höpner und Armin Schäfer<br />

»Unsere Europäische Union ist den gleichen Werten verpflichtet, wie wir sie<br />

im deutschen Sozialmodell kennen«, stellte Bundeskanzlerin Merkel anlässlich<br />

<strong>der</strong> Ratifizierung des EU-Reformvertrags vor dem Deutschen Bundestag klar:<br />

»Für uns in Deutschland, die wir in diesem Jahr den 60. Geburtstag <strong>der</strong> sozialen<br />

Marktwirtschaft begehen, ist dies eine ganz wichtige Botschaft.« 1 Hingegen<br />

for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> damalige Binnenmarkt-Kommissar Bolkestein im Zuge <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um die umstrittene Übernahmerichtlinie: »Wenn … Europa<br />

wirklich zur kompetitivsten und mo<strong>der</strong>nsten Wirtschaftszone werden will, muss<br />

es das bequeme Umfeld des Rheinland-Modells verlassen und sich den härteren<br />

Bedingungen <strong>der</strong> angelsächsischen Kapitalismusform annähern« 2 , während<br />

jüngst <strong>der</strong> DGB-Vorsitzende Sommer kritisierte: »Drei jüngere EuGH-Urteile<br />

… verschieben die Balance zwischen Marktfreiheit und Arbeitnehmerrechten<br />

noch weiter zu Ungunsten <strong>der</strong> Beschäftigten. … [E]ine solche EU tritt Arbeitnehmerrechte<br />

mit Füßen.« 3<br />

<strong>Die</strong> drei Zitate zeigen eindrücklich, dass von <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungsdruck auf die nationalen Produktions- und Verteilungsregime<br />

ausgeht. Politökonomische Interessenlagen gewinnen bei <strong>der</strong> Bewertung des<br />

<strong>europäischen</strong> Projekts zunehmende Bedeutung. Wer sich in den politikwissenschaftlichen<br />

Kenntnisstand über diese Entwicklung einlesen will, wird sich in<br />

mindestens zwei Literaturzweigen umsehen müssen: <strong>der</strong> <strong>Integration</strong>sforschung<br />

und <strong>der</strong> Vergleichenden <strong>Politische</strong>n <strong>Ökonomie</strong>. 4 Beide Teildisziplinen, und das<br />

Wir danken Arne Baumann, Michael Blauberger, Miriam Hartlapp, Daniel Seikel, Eric Seils und<br />

Benjamin Werner für wertvolle Hinweise und Kommentare.<br />

1 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, 157. Sitzung, 24.4.2008, S. 16452.<br />

2 Frits Bolkestein im Interview mit <strong>der</strong> Neuen Zürcher Zeitung vom 9.11.2002, S. 83.<br />

3 Michael Sommer im gewerkschaftlichen Info-Service einblick vom 21.4.2008, S. 7. Gemeint sind<br />

die EuGH-Urteile zu den Fällen Viking (C-438/05), Laval (C-341/05) und Rüffert (C-346/06).<br />

4 Wir verwenden die Schreibweise »politische <strong>Ökonomie</strong>« als Synonym für ein (in <strong>der</strong> Regel:<br />

nationales) Produktions- und Verteilungsregime beziehungsweise für eine »Spielart des Kapitalismus«;<br />

mit »(Vergleichende) <strong>Politische</strong> <strong>Ökonomie</strong>« ist stets die wissenschaftliche Teildisziplin<br />

gemeint, die sich, meist in international vergleichen<strong>der</strong> Perspektive, mit den komplexen<br />

Wechselwirkungen zwischen <strong>Ökonomie</strong> und politischen und gesellschaftlichen Institutionen

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