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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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286 M a a r t e n ke u n e<br />

haltung vertritt, dass es diesbezüglich keiner weiteren Regelungen bedarf und<br />

die europäische <strong>Integration</strong> stattdessen ihren Schwerpunkt in <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

<strong>Integration</strong> haben soll. Darüber hinaus verfügen Arbeitgeber und Unternehmen,<br />

wie Schäfer und Streeck (in diesem Band) erörtern, über an<strong>der</strong>e Kanäle<br />

als den Sozialen Dialog, um europäische Politik zu beeinflussen. <strong>Die</strong> Gewerkschaften<br />

haben weniger Möglichkeiten, auf europäischer Ebene tätig zu sein,<br />

und sind daher stärker vom Sozialen Dialog abhängig. Ihre Macht reicht jedoch<br />

nicht aus, um wi<strong>der</strong>strebende Arbeitgeber zum Abschluss von Rahmenvereinbarungen<br />

zu drängen.<br />

<strong>Die</strong> wechselnden Positionen <strong>der</strong> Kommission sind ein weiterer Erklärungsfaktor<br />

für den mangelnden Erfolg des Sozialen Dialogs. Während die stärker sozialdemokratisch<br />

orientierten Kommissionen <strong>der</strong> Neunzigerjahre bis zu einem<br />

gewissen Grad das »Drohpotenzial einer Richtlinie« nutzten, um Arbeitgeber<br />

zur Verän<strong>der</strong>ung ihrer Position zu bewegen und einen ergiebigeren Sozialen<br />

Dialog sicherzustellen, war in <strong>der</strong> jüngeren Vergangenheit unter <strong>der</strong> liberal ausgerichteten<br />

Kommission <strong>der</strong> Abschluss von Vereinbarungen ausschließlich Sache<br />

<strong>der</strong> Sozialpartner. 3 Folglich ist die tatsächliche Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong><br />

Sozialpartner, den Markt koporatistisch zu regulieren, gering ausgeprägt, und<br />

<strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Unternehmen auf die europäische Politik bleibt größer als <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer.<br />

Indem <strong>der</strong> EuGH Teile <strong>der</strong> Vertragstexte weit ausgelegt hat (Scharpf 2007),<br />

trug er dazu bei, den Anwendungsbereich europaweiter sozialpolitischer Regelungen<br />

auszudehnen. <strong>Die</strong>se sind weitgehend auf die »traditionellen« Themen<br />

Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Gleichberechtigung<br />

beschränkt, umfassen aber auch den Zugang zur Gesundheitsfürsorge und die<br />

Übertragbarkeit von Ansprüchen aus Sozialleistungen (siehe hierzu Martin sen<br />

2005). Möglicherweise gewinnt zukünftig die Rolle des EuGH bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> positiven <strong>Integration</strong> an Bedeutung: <strong>Die</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> EU (mit Ausnahme<br />

von Großbritannien und Polen) haben sich darauf geeinigt, die Charta<br />

<strong>der</strong> Grundrechte <strong>der</strong> Europäischen Union im EU-Reformvertrag rechtsverbindlich<br />

zu erklären, wodurch diese Rechte vor dem EuGH einklagbar sind. Wie <strong>der</strong><br />

EuGH die Charta interpretieren wird, bleibt abzuwarten.<br />

3 <strong>Die</strong>se Position <strong>der</strong> Arbeitgeber beeinflusst ebenso einige Initiativen <strong>der</strong> Kommission. So schlug<br />

die Kommission in ihrer Sozialpolitischen Agenda 2006–2010 vor, einen optionalen <strong>europäischen</strong><br />

Rahmen für transnationale Tarifverhandlungen entwe<strong>der</strong> auf Ebene <strong>der</strong> (multinationalen)<br />

Unternehmen o<strong>der</strong> europaweit auf Branchenebene zu entwickeln (Keune/Warneck 2006).<br />

Während <strong>der</strong> EGB nach anfänglicher Skepsis die Initiative befürwortete, lehnten die <strong>europäischen</strong><br />

Arbeitgeber sie ab. Sie taten dies nicht, weil sie keinen Nutzen in transnationalen Tarifverhandlungen<br />

sehen, son<strong>der</strong>n weil sie in dieser Angelegenheit keine Regelungen seitens <strong>der</strong><br />

EU wünschen. <strong>Die</strong> Initiative <strong>der</strong> Kommission wurde infolgedessen entschärft, <strong>der</strong> betreffende<br />

Rahmen ist nicht entwickelt worden.

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