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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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416 H e n r i k en d e r l e i n<br />

Wachstums- und Inflationsdurchschnittswerte dieser Währungsunion wären<br />

dann jeweils 2,5 Prozent und die Zentralbank würde ihre Geldpolitik daran ausrichten.<br />

<strong>Die</strong> Konsequenz für beide Län<strong>der</strong> wäre eine unangemessene Geldpolitik:<br />

zu lax für Land A und zu restriktiv für Land B, insbeson<strong>der</strong>e wenn das Realzinsniveau<br />

betrachtet wird (also die Differenz zwischen dem Nominalzinssatz<br />

und <strong>der</strong> erwarteten Inflation).<br />

Ein zu niedriges o<strong>der</strong> negatives Realzinsniveau schlägt sich in positiven Wirtschaftszyklen<br />

nie<strong>der</strong> und erhöht die Opportunitätskosten des nicht in Realgüter<br />

investierten Kapitals. Bei negativen Realzinsen können Kreditaufnahmen sogar<br />

zu direkten Gewinnen führen, wenn das geliehene Kapital in Realgüter investiert<br />

wird, <strong>der</strong>en Preis ansteigt. <strong>Die</strong> Folge einer solchen Konstellation ist <strong>der</strong> Trend<br />

zu erhöhtem Verbrauch und erhöhten Realinvestitionen, die das Wachstum über<br />

das Produktionspotenzial hinaus beschleunigen und inflationär wirken. In <strong>der</strong><br />

EWWU hat diese Entwicklung einen fast paradoxen Effekt: Durch die steigenden<br />

Inflationsraten sinkt das Realzinsniveau sogar noch weiter. <strong>Die</strong>ser Zyklus<br />

kann sich über rein monetäre Phänomene nicht selbst korrigieren. Ganz<br />

im Gegenteil kann die Geldpolitik die Divergenzen sogar noch vergrößern. Im<br />

Beispiel würden Inflation und Wachstum im Land A aufgrund <strong>der</strong> zu laxen<br />

Geldpolitik weiter steigen, während sie in Land B weiter fallen würden.<br />

<strong>Die</strong>se Dynamik wird erst dann abgebremst, wenn Preissteigerungen im Binnengebiet<br />

des betroffenen Landes die Exportgüter so weit verteuert haben, dass<br />

die Außennachfrage nach Exportgütern rapide nachlässt und die Konjunktur<br />

einen schlagartigen Stillstand erreicht. Eine zweite Möglichkeit ist, dass die weiterhin<br />

im nationalen Raum verbliebenen wirtschaftspolitischen Institutionen in<br />

<strong>der</strong> Finanz- und Lohnpolitik so eingesetzt werden, dass die prozyklischen Effekte<br />

<strong>der</strong> Geldpolitik korrigiert werden. <strong>Die</strong>ser Thematik widmet sich das vorliegende<br />

Kapitel. Ich weise nach, dass die Problemlage sich selbst verstärken<strong>der</strong><br />

prozyklischer Effekte den Mitgliedslän<strong>der</strong>n bewusst war und sie sich durch eine<br />

Umstellung <strong>der</strong> eigenen wirtschaftspolitischen Institutionen im Vorfeld des Beitritts<br />

zum Euroraum darauf vorbereiteten.<br />

<strong>Die</strong>se These wie<strong>der</strong>spricht <strong>der</strong> klassischen Herangehensweise vieler Untersuchungen,<br />

die vor dem Beginn <strong>der</strong> Währungsunion davon ausgegangen waren,<br />

dass zyklische Gefälle im Euroraum durch die realen Wechselkurse ausgeglichen<br />

werden könnten und deshalb von wenig Relevanz für die Wirtschaftspolitik sein<br />

würden (zum Beispiel Frankel/Rose 1998). Län<strong>der</strong> mit hoher Inflation würden<br />

mittelfristig an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, die Exportnachfrage würde<br />

zurückgehen, während immer mehr Güter importiert würden. Dadurch würde<br />

die Binnenkonjunktur mittelfristig abkühlen und auch die Inflationsrate wie<strong>der</strong><br />

zurückgehen. Ein symmetrisch umgekehrtes Szenario würde in Län<strong>der</strong>n mit<br />

geringem Wachstum und geringer Inflation eintreten. <strong>Die</strong>se Analysen stützten

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